Die Affäre Alaska Sanders

Die Affäre Alaska Sanders
Die Affäre Alaska Sanders
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Julian Hübecker
941001

Belletristik-Couch Rezension vonAug 2023

Ein raffiniert geschriebener Roman

Das kleine Örtchen Mount Pleasant ist geschockt, als die junge Alaska Sanders ermordet aufgefunden wird. Ein Verdächtiger ist schnell gefunden, und nach einem Geständnis sitzt er nun bereits seit elf Jahren im Knast. Doch es regen sich Zweifel an seiner Schuld. Der Schriftsteller Marcus Goldman und der Polizist Perry Gahalowood beginnen zu ermitteln – und stoßen dabei auf Geheimnisse, die den wahren Mörder bisher geschützt haben ...

„Sie lächelte ihn noch einmal an. Dieses Lächeln würde er nie vergessen.“

Das beschauliche Mount Pleasant darf sich wahrlich für seine ruhige Nachbarschaft rühmen. Jeder kennt hier jeden und man kann sich aufeinander verlassen. Alles ändert sich, als im Frühjahr 1999 die Leiche von Alaska Sanders gefunden wird. Die lebenslustige, freundliche junge Frau träumte von einer großen Schauspielkarriere in New York. Sie hatte auch das Zeug dazu: Wunderschön und talentiert war sie, und viele sagten ihr eine großartige Zukunft voraus. Auch ihre Beziehung zu ihrem Freund Walter schien perfekt. Nur für ihn zog sie einige Monate zuvor nach Mount Pleasant und arbeitete nebenher in der örtlichen Tankstelle, um sich für ihren großen Traum etwas anzusparen. Mit ihrem brutalen Tod endet ihr kurzes Leben – und die Unschuld des kleinen Örtchens.

Im Jahr 2010 zieht es den Schriftsteller Marcus Goldman zurück ins Städtchen Aurora, wo wenige Jahre zuvor die skelettierte Leiche einer jungen Frau gefunden wurde, die drei Jahrzehnte zuvor spurlos verschwand. Goldmans Mentor Harry Quebert stand unter Verdacht, das Mädchen ermordet zu haben. Doch Goldman konnte gemeinsam mit Sergeant Perry Gahalowood den Fall aufklären. Es entstand eine Freundschaft zwischen den Männern, die in der vorliegenden Geschichte auf eine Zerreißprobe gestellt wird.

Denn Gahalowood war 1999 für die Verhaftung eines Verdächtigen verantwortlich, der seitdem hinter Gittern sitzt. Doch nun kommen Zweifel an dessen Schuld auf – allen voran in Form eines anonymen Zettels, der offenbart, dass der Falsche im Knast sitzt. Die Spur führt Gahalowood und Goldman zurück in die Vergangenheit. Welche Geheimnisse hatte Alaska Sanders? Es wird offensichtlich, dass mehr hinter ihrem Umzug nach Mount Pleasant steckte, denn kurz vor ihrem Tod wollte sie überstürzt den Ort verlassen. Irgendjemand scheint geschickt die Wahrheit hinter Lügen und Geheimnissen Dritter versteckt halten zu können. Doch nun kommt alles langsam ans Licht …

Der Erfolg geht weiter

Der Roman „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ bescherte dem schweizerischen Autor Joel Dicker über Nacht internationalen Erfolg. Seitdem hatte die Hauptfigur Marcus Goldman einen erneuten Auftritt in „Die Geschichte der Baltimores“, in der Goldmans Familiengeschichte aufgearbeitet wird. Erwähnt wird dies auch im vorliegenden Buch, wenngleich es zeitlich nach der Geschichte um Alaska Sanders spielt. Diese Verknüpfung ist typisch für Dicker und zeigt, wie gut er seine Geschichten unter Kontrolle hat – denn er ist der Meister im Springen zwischen verschiedenen Ereignissen und Zeiten.

Auch hier gibt es wieder kurze Passagen, die sich abwechseln und aufdecken, welche Geheimnisse verhinderten, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Und es wird wahrlich nicht an Geheimnissen gegeizt: Viele unterschiedliche Figuren, ob neben- oder hauptsächliche, sorgen für einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Heimlichkeiten und offene Fragen werden aufgedeckt und bieten wiederholt ein neues Bild von Alaskas Vergangenheit. Man rätselt fieberhaft mit, nur um immer wieder doch zu verwerfen, wer denn nun der Täter oder die Täterin sein könnte. Dabei bleibt es auch bis zuletzt spannend und unvorhersehbar.

Dennoch wäre es falsch, das Buch als klassischen Krimi zu bezeichnen. In der Hauptsache geht es um Familiengeheimnisse, Beziehungen, Sehnsüchte und Träume, sowie auch um Marcus Goldman selbst. Er befindet sich auf einem Selbstfindungstrip, hat noch immer mit den Ereignissen um Harry Quebert zu kämpfen und vermisst seinen Freund schmerzlich, den er seitdem nicht mehr gesehen hat. Goldman vermisst es auch, eine Beziehung zu haben, eine Orientierung im Leben und selbst mit der Vergangenheit abzuschließen – etwas, das schließlich wieder zu „Die Geschichte der Baltimores“ führen wird.

Insgesamt hat Joel Dicker wieder sehr authentisch und mitreißend geschrieben. Er bleibt seiner Autorenseele treu und setzt auf kleine, beschauliche Ortschaften, auf viele Geheimnisse und eine junge Frau, die irgendwie darin verstrickt ist. Dieses Rezept funktioniert und beschert unterhaltsame Lesestunden, die das Buch alsbald beenden lassen.

Fazit

Das Buch liest sich ganz unabhängig von den anderen Büchern um Marcus Goldman. Dennoch, wenn man die vielen Referenzen verstehen möchte, sollte mit „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert anfangen. Ansonsten bietet sich hier aber wieder einmal ein spannender, raffiniert geschriebener Roman, der von Seite 1 in seinen Bann zieht.

Die Affäre Alaska Sanders

Joël Dicker, Piper

Die Affäre Alaska Sanders

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