Das Beste, was mir je passiert ist

  • Insel
  • Erschienen: Dezember 2020
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- OT: Det bästa som har hänt mig

- aus dem Schwedischen von Franziska Hüther

- TB, 445 Seiten

Das Beste, was mir je passiert ist
Das Beste, was mir je passiert ist
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Sandra Dickhaus
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Belletristik-Couch Rezension vonJan 2021

Von vollen Windeln, dem Idealbild einer vorbildlichen Mutter und der gnadenlosen Realität

Was vom Buchtitel her nostalgisch anmutend an einen erfolgreichen Song der Band „Silbermond“ erinnert, hat einen ganz anderen Themenschwerpunkt: Es geht darum, wie weit das Idealbild vom Kinderkriegen und Elternsein von der Realität entfernt ist. Das Ganze sitzt allerdings noch viel tiefer: Mann und besonders Frau darf nicht zugeben, dass es anstrengend und kräfteraubend ist, sich um ein kleines Baby - so sehr es auch gewünscht sein mag - zu kümmern. Denn es stellt das ganze Leben auf den Kopf – und das nicht immer im positiven Sinne, auch wenn man es liebt. Dabei gibt es doch nichts Schöneres als das erste Babyjahr, oder?

Die drei Frauen Freddie, Ermina und Sigrid laufen sich in einer Phase ihres Lebens über den Weg, in der sie Unterstützung von Gleichgesinnten benötigen. Sie befinden sich aktuell in Elternzeit, kümmern sich um ihren Nachwuchs, müssen dabei noch ihre Beziehung pflegen und vor allem den anderen, die andauernd fragen, wie toll die Zeit doch sein muss, unbeschwerte Rechenschaft ablegen. Freddie beispielsweise postet die schönsten Fotos auf Instagram, zeigt sich ihren tausenden von Fans fröhlich und zuversichtlich; aber innerlich sieht es ganz anders aus: Sie leidet nämlich an einer postnatalen Wochenbettdepression. Das darf allerdings nicht sein, so suggeriert die öffentliche Meinung. Zum Glück haben sich die drei Mütter in einem Stockholmer Cafe getroffen und freunden sich an. Denn nicht nur ihre Kinder sind das Beste, was ihnen passiert ist - sondern auch ihre ehrliche und offene Freundschaft ... 

Der ganze Wahnsinn um Krabbelgruppen und Helikopter-Eltern

Ein Roman, der sich zu lesen lohnt, wenn man selbst schon Kinder hat und den ganzen Wahnsinn um Krabbelgruppen, Helikopter-Eltern und besonders wohlgeratene Kinder kennt und genüsslich darüber schmunzeln kann. So steigt man dann ins Geschehen ein, indem man vom Kinderwunsch und der Freude über den positiven Schwangerschaftstest der drei Freundinnen erfährt. Jede für sich geht damit anders um - aber auf das, was sie dann im wirklichen Leben erwartet, sind sie durch die ganzen beschönigten Berichte anderer Vorzeigemütter nicht vorbereitet. Ein Jahr später trifft man die Drei wieder und sie sind es endlich – Mutter! Doch schon Erminas erster Besuch der Krabbelgruppe lässt die einzelnen kleinen aufgebauten Luftschlösschen platzen. All die besserwisserischen Mütter mit ihren Möchtegerngenies im Arm und der Traumgeburt ohne Schmerzen - Ermina flüchtet!

Voller Witz, Charme und Ironie

Natürlich gibt die Autorin (selbst Mutter von zwei Kindern) das Geschehen rund ums erste Babyjahr überspitzt und auch mit ironischem Unterton wieder, ganz nach dem Motto: Man sollte sich (und vor allem Mütter, bei denen alles super klappt) nicht ganz so ernst nehmen; jeder kocht schließlich nur mit Wasser. Abwechselnd wird der Alltag der drei Frauen mit ihren drei Babys und den dazu passenden Vätern geschildert. Dabei sind sie zunächst Einzelkämpferinnen, schließlich finden sie ihr Glück in der Freundschaft zueinander. Ein schöner Gedanke! So teilen sie endlich ihre Sorgen und Nöte ehrlich miteinander und merken, dass sie doch vieles gemeinsam haben. Ganz normale Alltagssituationen werden flüssig und ohne viel Schnickschnack erzählt; langatmige Passagen sucht man dabei glücklicherweise vergebens. Einzig, dass der Roman gegen Ende den Reiz der überspitzten Schilderungen, die zum Lachen und Schmunzeln anregen, nicht halten kann, stört. Ein pointiertes, spritziges Ende wäre hier passend gewesen. 

Fazit

Der Roman zeigt sich nicht als hochtrabende, anspruchsvolle Literatur, was aber auch nicht der Anspruch dieses Genres ist. Viel mehr besticht er durch Witz, Charme und vor allem Ironie. Jede Mutter, die das erste Babyjahr hinter sich gebracht hat, wird sich in vielen Situationen wiederfinden und vielleicht sogar herzhaft darüber lachen können. Ein unterhaltsamer Schmöker für entspannte Abende, wenn die Kinder in ihrem (eigenen!) Bett friedlich schlummern.

Das Beste, was mir je passiert ist

Johanna Schreiber, Insel

Das Beste, was mir je passiert ist

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