Eine Geschichte, wie sie das Leben schreiben kann.
Ann ist tot. Sie war die älteste Hummerfischerin in Stone Harbor. Mina kommt zu ihrer Beerdigung zurück nach Maine und erinnert sich an das Leben mit Ann. Viel ist passiert in der Zeit als sie im gelben Haus von Ann eine Zuflucht fand, von Nat und Julie das Hummerfischen lernte und Sam wiedertraf, den Freund aus längst vergangenen Ferientagen.
Die Autorin
Die freie Journalistin Beatrix Gerstberger weiß wovon sie in ihrem Romandebüt schreibt. Nach dem frühen Verlust ihres Partners, lebte sie selbst einige Monate unter Hummerfischern in Maine. Ihre Gespräche mit anderen jungen Witwen, ihre Fahrten mit den Fischern und das raue Leben im Norden Amerikas überhaupt, inspirierten sie zu der Geschichte über Ann, Mina und Julie.
Eine lineare Geschichte mit Rückblicken
Als Mina von Anns Tod erfährt, denkt sie zurück an die Zeit in Anns Haus und an die vielen Ferienaufenthalte auf einer benachbarten kleinen Insel in ihrer Kindheit. Immer wieder wechseln die Handlungsorte und -zeiten. Das macht die Geschichte interessant, gerade auch, weil der Einstieg so dramatisch ist. Doch eben dieser Einstieg nimmt auch viel vom Geschehen vorweg. Man weiß jetzt schon, wie es mit Mina und ihrer großen Liebe Sam enden wird. Aber was zwischen den Ferien auf Eagle Island und Minas jetziger Existenz in Seattle liegt, ist eine sehr lineare Geschichte, wie sie das Leben eben nun einmal schreiben kann. Dennoch vermisst man im Roman Höhepunkte, welche die Spannung etwas befeuern. Zwar versucht Gerstberger mit angerissenen Vermutungen über den Tod von Sams Bruder Jack etwas Rätselhaftes einzubauen, doch verläuft das schnell im Sand. Aber Stil und vor allem die Figuren binden an das Geschehen, das sich zwischen Booten und gemütlichen Häusern abspielt.
Drei Frauen und ein Hummer
Gerstberger ist die Figurenzeichnung gut gelungen. Gerade Ann und Julie müssen sich in der Männerwelt des Hummerfischens behaupten. Da braucht es ein dickes Fell – und das haben die beiden. Sie agieren mit viel Humor und Wortwitz und lassen dennoch tief in ihre Seelen blicken. Es sind zwei knorrige Frauen, die aber unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie passen sich nicht an und bleiben sich selbst treu – die eine mit einem blauen Hummer als Haustier, die andere mit einem Feen-verzierten Anorak. Und beide haben Verluste erlitten, die sie nicht vergessen, geschweige denn überwunden haben. Auch die wesentlich jüngere Mina hat den viel zu frühen Tod ihres Bruders zu verarbeiten. Das schweißt die drei Frauen zusammen.
Auf der anderen Seite gibt es die Männer, die eine harte Schale und einen weichen Kern haben. Und es gibt Sam, der mit seinem Verhalten keine Pluspunkte bei der Leserschaft sammeln dürfte. Bis hinein in die Nebenfiguren ist es der Autorin gelungen Figuren zu zeichnen, die Unikate sind und einen sofortigen Wiedererkennungswert haben. Dazu beschreibt Gerstberger das Leben in Stone Harbor mit viel Einfühlungsvermögen und Wärme. Nach der Lektüre weiß man einiges über das Hummerfischen und das raue Leben in Maine.
Fazit
„Hummerfrauen“ ist ein Frauenroman im besten Sinne des Wortes. Beatrix Gertsberger erzählt mit viel Wärme, Humor und Einfühlungsvermögen von Ann, Julie und Mina. Ein Lesevergnügen, das Höhepunkte etwas vermissen lässt, aber durch seine herrlichen Charaktere dennoch begeistert.

Deine Meinung zu »Die Hummerfrauen«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!