Das Geschenk des Meeres

  • Mare
  • Erschienen: Juli 2025
  • 3
Das Geschenk des Meeres
Das Geschenk des Meeres
Wertung wird geladen
Marianne Schäper-Mürmann
901001

Belletristik-Couch Rezension vonAug 2025

Verhängnisvolle gesellschaftliche Distanz.

In einer Winternacht des Jahres 1900 wird ein kleiner Junge an den Strand des schottischen Dorfes Skerry gespült, der auf verwirrende Weise dem vor Jahren in einer Sturmnacht ertrunkenen Sohn der Lehrerin Dorothy ähnelt. Bis zur Klärung seiner Herkunft nimmt Dorothy den Jungen zu sich und entwickelt schnell eine enge Beziehung zu ihm. Verdrängte Erinnerungen an ihren kleinen Sohn und die Angst, zum zweiten Mal „ihr“ Kind zu verlieren, stürzen sie in eine emotionale Krise. Diese ist für sie umso belastender, da sie engere Kontakte zu der Dorfgemeinschaft seit Jahrzehnten vermieden hat.

„Wir versuchen alle, unser Bestes zu tun, aber es gelingt uns nur selten. … Und das wüssten Sie auch, wenn Sie mit den Leuten reden würden.“

Im Roman wechseln Rückblenden auf Dorothys bisheriges Leben in Skerry mit dem Geschehen nach dem Fund des unbekannten Kindes. Dies geschieht aus der jeweiligen Sicht der verschiedenen Figuren; Schritt für Schritt, atmosphärisch dicht und ohne Längen entwickelt sich so die spannungsreiche Handlung.

Eingehend schildert die Autorin die um die Jahrhundertwende geltenden Lebensbedingungen in dem Fischerdorf und die damaligen gesellschaftlichen Regeln. Die Charaktere des Buches sind dazu stimmig erarbeitet, ihre Dialoge kurz und treffend. Zentraler Ort und Informationszentrale von Skerry ist der Dorfladen. Hier wird das Dorfgeschehen diskutiert und bewertet, Gerüchte verselbstständigen sich von hier aus. Die junge Lehrerin Dorothy scheiterte dort bei ihrer Ankunft vor Jahrzehnten, einen Platz innerhalb der Dorfgemeinschaft zu finden. Zu groß waren ihr falscher Stolz und der Einfluss ihrer von Vorurteilen und Herzlosigkeit geprägten Erziehung. Einzig der Fischer Joseph fand Zugang zu ihr; Fehleinschätzungen sowie mangelnde Offenheit ließen jedoch die beiden Liebenden in all den Jahren nicht wirklich zueinander finden. Dorothys Ehe mit einem anderen Mann verlief unglücklich, er verließ sie und ihren Sohn Moses.

„...manche Dinge kann man wiedergutmachen, und andere muss man einfach in der Vergangenheit lassen.“

Liebevoll kümmert sich Dorothy um den aufgefundenen, völlig entkräfteten Jungen. Dessen vermeintliche Ähnlichkeit mit ihrem Sohn lässt dabei mehr und mehr die bisher verdrängten Erinnerungen an das Leben mit Moses in ihr lebendig werden. Der Auseinandersetzung mit dem noch unbewältigten Verlust ihres Sohnes und den Ereignissen jener Todesnacht kann sie sich nicht länger verschließen. Die belastende Frage, ob sie Moses als Mutter etwas schuldig blieb und wer Schuld an dem tragischen Unglück hat, kann sie schließlich nicht mit sich allein ausmachen…

Angesichts der Thematik des Romans kann schnell ein Abgleiten in Sentimentalität befürchtet werden. Die Autorin versteht es jedoch, mit ihrer nüchternen, aber umso eindringlicheren Sprache hier geschickt entgegen zu steuern. Die wohldosiert eingesetzten mystischen Elemente fügen sich dabei wunderbar in die Geschichte ein.

Fazit

Ein glänzendes, bis ins Detail stimmig konzipiertes Romandebüt und ein großes Lesevergnügen! Der Roman bleibt bis zum Ende spannend und glänzt mit einem gut entwickelten Schluss.

Das Geschenk des Meeres

Julia R. Kelly, Mare

Das Geschenk des Meeres

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Das Geschenk des Meeres«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Film & Kino:
The Crown - Staffel 3

Die Queen in ihrer vordergründig repräsentativen Rolle ist eine zeitgeschichtliche Ikone, sodass der Erfolg der seit 2016 bei Netflix laufenden Serie „The Crown“ nicht verwundert. Die dritte Staffel markiert allerdings einen Umbruch: Die Royal Family ist in den 60er-Jahren angekommen und viele Rollen werden neu besetzt, da auch die Blaublüter nicht vor dem Altern gefeit sind. Titel-Motiv: © Des Willie / Netflix

zur Film-Kritik