Die Anatomie der Einsamkeit

Die Anatomie der Einsamkeit
Die Anatomie der Einsamkeit
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Carola Krauße-Reim
801001

Belletristik-Couch Rezension vonMai 2025

Einsamkeit hat viele Facetten.

Louise Pelt kam 1982 in Hamburg zur Welt. Nach dem Studium der Anglistik und Germanistik schrieb sie für Theater und Film. Mit „Die Halbwertzeit von Glück“ legte sie 2024 ihr Roman-Debüt vor, das die Leserschaft gleich begeisterte. Nun folgt mit „Die Anatomie der Einsamkeit“ ihr zweiter Roman, der im Aufbau sehr an seinen Vorgänger erinnert.

Olive und Claire

Der alte Kompass ihrer Großmutter erscheint für Olive das Tor zur lang ersehnten großen Story als Journalistin zu sein. Doch ist diese Geschichte auch ein Weg aus ihrer Einsamkeit inmitten der Menschenmassen von London? Auch Claire ist einsam – 20 Jahre vor Olive. Sie ist eine sehr erfolgreiche Anwältin in New York, doch sie vermisst Zweisamkeit, einen Menschen, der zu ihr gehört. Kann ein Todesfall und eine damit verbundene Reise auf eine einsame Insel ihr helfen?

Zwei Protagonistinnen, die Probleme haben

Pelt hat ihre Protagonistinnen als Gegenpole angelegt. Die eine sucht nach Erfolg, die andere hat ihn schon. Die eine hat Familie und ist trotzdem allein, die andere will den Halt in einer Beziehung erleben. Diese Gegensätze hat die Autorin ganz gut hinbekommen. Die Charaktere sind glaubhaft, auch in ihrer Einsamkeit. Leider sind die anderen Figuren etwas pauschal geraten und die Beziehungen, auch die sich noch entwickelnden, etwas sehr vorhersehbar. Das nimmt dem ansonsten anspruchsvollen Thema einiges an Tiefe und lässt die Geschichte zu sehr ins Triviale abgleiten.

Zwei Stränge

Nach dem Prolog, der wiederum Jahrzehnte vor der eigentlichen Geschichte spielt, ist man etwas ratlos. Was hat das Vorkommnis in 1950 mit denen in 2000 zu schaffen und was haben die mit denen in 2022 zu tun? Und dann gibt es noch zahlreiche Gedichte, die von einer, lange Zeit im Dunklen gelassenen, Unbekannten verfasst wurden. Jede dieser drei Komponenten der Gesamtgeschichte liest sich spannend, doch leider muss man sehr lange auf eine Zusammenführung der Stränge warten. Das nimmt ein wenig die Konzentration, denn ständig fragt man sich, wie alles zusammenhängen könnte. Die Auflösung kommt dann sehr plötzlich und ist tragisch genug, die Leserschaft mit diesen kleinen Mängeln zu versöhnen.

Existenzielle Fragen unterhaltsam verpackt

„Die Anatomie der Einsamkeit“ ist ein Unterhaltungsroman, der seinen Sinn erfüllt. Er lässt sich flüssig lesen, setzt das Kopfkino in Gang und ist gleichzeitig auch spannend genug, dass man ihn immer wieder zur Hand nimmt und die fast 450 Seiten schnell gelesen hat. Doch er ist auch mehr. Das Thema Einsamkeit ist sehr aktuell und mal ehrlich – wer hat sich nicht schon einmal einsam gefühlt? „Die Anatomie der Einsamkeit“ regt auch zur Reflexion an und lädt regelrecht ein, über die eigene und die Situation Anderer nachzudenken. Einsamkeit scheint es in mehr als einer Variante zu geben und Auswege hinaus offensichtlich auch.

Fazit

Louise Pelt hat es wieder einmal geschafft, eine unterhaltsame Geschichte zu schreiben, die gleichzeitig auch zur Reflexion einlädt. Das Thema Einsamkeit dürfte uns alle in irgendeiner Weise berühren. Doch die zwei Handlungsstränge und zwei Zeitebenen in „Die Anatomie der Einsamkeit“ verlangen etwas Durchhaltevermögen, denn die spannende Frage, wie alles zusammenhängt, wird erst spät beantwortet.

Die Anatomie der Einsamkeit

Louise Pelt, Lübbe

Die Anatomie der Einsamkeit

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