Freundschaft zwischen Rebellion und Zerbrechlichkeit.
Jara und Anto lernen sich auf dem Fußballplatz kennen. Es soll der Beginn einer besonderen Freundschaft werden. Einer Freundschaft, die keineswegs nur gute Seiten hat. Als Anto eines Tages von einer alten Eisenbahnbrücke in die Ruhr springt, taucht nur noch ihr Baseballschläger auf, mit dem sie nachts zuvor noch gemeinsam Schaden angerichtet haben. Während Jara bangt, lässt sie uns an ihren Gedanken teilhaben - über sich und Anto, ihr Leben als heranwachsende junge Frauen, verbunden in gemeinsamer Rebellion, Zuneigung, Diebstählen, Vandalismus und Gewalt.
Eindrucksvolles Debüt
„Wenn wir lächeln“ ist das Debüt der in Mülheim an der Ruhr geborenen Autorin Mascha Unterlehberg. Und dieses gestaltet sich zu Beginn durchaus sperrig. Die fragmentarische Struktur des Romans, mit ineinander verwobene Zeitebenen, abrupten Erzählsprüngen und Andeutungen, fordert unsere Aufmerksamkeit. Mascha Unterlehberg hält uns noch bewusst auf Distanz zu ihren Figuren.
Doch diese Distanz wird mit jeder Seite mehr und mehr abgebaut und der eigenwillige Stil entfaltet seine ganz eigene eindringliche Atmosphäre. Wie Erinnerungsfragmente fügen sich die Ereignisse im Ruhrgebiet zusammen, formen ein Bild von dem Leben zweier Mädchen und ihrer existenziellen Suche nach Zugehörigkeit und Selbstbehauptung.
Gesellschaftlicher Kontext, subtile Gesellschaftskritik
Anto, die scheinbar selbstsichere von beiden, stammt aus wohlhabenderen Verhältnissen, lebt aber allein mit einer kaum anwesenden Mutter. Jara dagegen wächst in einem liebevolleren, aber keineswegs sorgenfreien Umfeld auf. Unterlehberg verzichtet jedoch darauf, die familiären Hintergründe übermäßig auszubreiten. Sie bleibt dicht bei den beiden Protagonistinnen und ihrer von Gegensätzen und radikalen Handlungen geprägten Beziehung. Die bedeutet gerade für Jara alles, gibt ihr Halt, ihr ordnet sie ihre eigene Identität unter. In ihrer persönlichen Unsicherheit erkennen wir eine hohe Zerbrechlichkeit und stets umgibt sie die unausgesprochene Zuneigung zu Anto.
Der Roman verortet sich in einer Welt, in der patriarchale Strukturen zwar offensichtlich und spürbar sind, die aber von Mascha Unterlehberg nicht zu stark in den Vordergrund gerückt werden. Dennoch versuchen Jara und Anto hier ihren eigenen Weg zu finden, wehren sich gegen gesellschaftliche Erwartungen und tun dies eben auch auf radikale Weise. In den exzessiven Ausbrüchen wird die Verletzlichkeit von Jara und Anto sichtbar. Es ist klar, dass sich hinter der rauen Fassade eine tiefere Dimension verbirgt, in die wir aber nicht gänzlich vordringen werden und Mascha Unterlehberg stets nur einzelne Facetten an die Oberfläche holt.
Fazit
Mascha Unterlehberg gelingt mit „Wenn wir lächeln“ ein eindrucksvolles und stilistisch eigenständiges Debüt, das uns fordert, aber auch berührt und mitreißt. Die Erzählweise mag anfangs sperrig wirken, doch gerade sie macht den besonderen Rhythmus des Romans aus. Er bewegt die Geschichte wie Wellen, erschafft emotionale Aufs und Abs, die sich aber unweigerlich auftürmen werden.

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