Glückstöchter

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Julian Hübecker
581001

Belletristik-Couch Rezension vonApr 2023

Nicht die Leistung, die man von der Autorin erwartet …

Zwei Frauen, getrennt durch sechs Jahrzehnte, streben nach dem ganz persönlichen Glück und einer unabhängigen Zukunft. Nicht nur die Liebe zur Natur eint sie, sondern auch ein Schicksalsschlag, der einiges in Gang bringen wird. Können die Frauen daran wachsen und ihre Zukunft gestalten? Oder wird ihre Verbindung zueinander unwiederbringlich zerstört werden?

„Ein Mischmasch aus Aromen stieg ihr in die Nase und nahm sie gefangen, vielleicht waren es aber auch die Gefühle, die die Dinge in ihr auslösten, als sie sie wieder erkannte.“

Anna wächst 1910 behütet auf dem Gut Dreisonnenquell auf. Als Tochter eines berühmten Botanikers und mit dem Status der Baronesse, sollte ihre Kindheit eigentlich sorglos sein. Die Mutter stirbt zwar früh bei der Geburt ihres Bruders (der dies ebenfalls nicht überlebt), doch ihr Vater versucht ihr die Familie zu sein, die sie braucht. Eines Tages offenbart er ihr jedoch, dass er es satthabe, Junggeselle zu bleiben; daher gedenke er, möglichst bald wieder zu heiraten. Die fragliche Frau, Ruth Weiser, bringt einen Sohn mit in die Verbindung – außerdem einen Sack voll Ideen, wie sie das Familienanwesen umzugestalten gedenkt. Anna ist überhaupt nicht begeistert davon und tut alles, um der neuen Hausherrin aus dem Weg zu gehen. Doch die hat ganz eigene Pläne mit ihr. Und dann schlägt schließlich das Schicksal zu und verändert alles …

Über 60 Jahre später ist Eva ebenfalls in ihrer Familie gut aufgehoben. Zwar fühlt sie sich von ihren Eltern und ihrer Großmutter zu sehr unter Druck gesetzt, später in den Familienfriseurbetrieb einzusteigen, doch immerhin erlauben sie ihr, ihrem wahren Traum nachzugehen: Pharmazie zu studieren. Evas Unbeschwertheit bekommt jedoch einen gewaltigen Dämpfer, als sie herausfindet, dass sie adoptiert ist. Sie flieht aus dem Elternhaus und trifft auf die Freigeister Milo, Udo und Maja. Gemeinsam beschließen sie, eine WG zu gründen und sich einer nachhaltigen Lebensweise zu verschreiben. Doch die Adoption hängt stets als dunkle Wolke in Evas Kopf. Wer ist ihre leibliche Mutter? Und warum hat sie sie weggegeben?

Ein schwacher Start

Nachdem die Trilogie um die „Wunderfrauen“ viele Leserinnen und Leser begeistern konnte, beginnt mit der „Glückstöchter“-Trilogie eine neue, spannende Familiengeschichte, diesmal über mehrere Jahrzehnte hinweg. Wobei, um das direkt vorwegzunehmen: Als spannend kann man den ersten Band nicht wirklich bezeichnen. Bezeichnend für die „Wunderfrauen“-Trilogie war die Verbindung zwischen den unterschiedlichen Frauen, die aber irgendwie zueinander gefunden haben. Anna und Eva trennen 60 Jahre – vielleicht liegt es daran, dass man einfach nur zwei Zeitlinien liest, die aber gar nicht miteinander harmonieren, bis auf einen kleinen Hinweis, dass diese sich irgendwann überschneiden werden.

Daher liest man auch quasi zwei getrennte Geschichten, die sich abwechseln, aber eigentlich nur dahindümpeln. Dabei gelingt Annas Geschichte noch am besten: Das Leben auf Gut Dreisonnenquell ist interessant, eine große Lieferung Maulbeerbäume soll die Seidenproduktion in Gang bringen und die neue Liebe des Vaters verspricht Spannung und Drama. Der Schicksalsschlag kommt zwar nicht überraschend, stellt aber eine willkommene Wendung dar, die Anna schließlich zu einem neuen Lebensabschnitt führen wird. Der ist dann leider schnell abgefrühstückt, damit das Ende des Buches seinen Sinn hat und zum Nachfolgeband führen kann.

Mit Eva wird man dagegen überhaupt nicht warm: Ihre Reaktion auf die Adoption kann man durchaus nachvollziehen, wenngleich sie stellenweise überzogen wirkt. Ganz zu schweigen von ihren ständigen Versprechern, wenn sie von ihren Eltern, äh, Cordula und Ludwig spricht – das geht irgendwann doch ziemlich auf die Nerven. Am spannendsten an ihr ist da noch die Duftapotheke in ihrem Kopf: Wann immer sie Gerüche wahrnimmt, speichert sie diese automatisch ab. Leider kommt diese Eigenschaft entschieden zu wenig zum Tragen. Stattdessen geht es mehr um die freie Liebe (wo immer mal wieder „gefummelt“ wird), Atomkraft, Vegetarismus und vieles mehr, sodass man sich irgendwann fragt, wer Eva eigentlich ist und was sie will.

Zusammengenommen ist das Buch eher eine Enttäuschung, und auch wenn man vor allem Annas Weg unbedingt weiterverfolgen möchte, so hält einen dann doch die Sorge zurück, wieder zwei unspektakuläre Zeitlinien nachhalten zu müssen, ehe man erst im dritten Band herausfindet, was das Ganze eigentlich soll.

Fazit

Die „Glückstöchter“-Reihe kann bisher auf keinen Fall mit der „Wunderfrauen“-Trilogie mithalten. Ich rate daher jedem, nicht gleich die Autorin abzuschreiben, sondern sich auf die Wunderfrauen einzulassen, die einen nämlich wirklich vom ersten bis zum letzten Buch mitnehmen.

Glückstöchter

Stephanie Schuster, Fischer

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