Sarah

  • Heyne
  • Erschienen: Februar 2023
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Sarah
Sarah
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Carola Krauße-Reim
791001

Belletristik-Couch Rezension vonMär 2023

Manchmal reicht Liebe einfach nicht aus

Scott McClanahan (Jahrgang 1978) gehört in den USA zu den Schriftstellern, die sowohl in der Sprache als auch in ihren Plots neue Wege gehen wollen. Er gilt als Exzentriker, der sich gerne einmal im rosa Plüschoverall oder geblümtem Kleid ablichten lässt und vor allem seine Heimat West-Virginia als Schauplatz seiner Romane und Erzählungen wählt. Doch er zeigt dabei nicht die pittoreske Touristenidylle, sondern das Alltägliche, Heruntergekommene. „Sarah“ war 2020 das erste auf Deutsch erschienene Werk von ihm, das jetzt als Taschenbuchausgabe veröffentlicht wurde. 2021 wurde eine Adaption des Beziehungsromans als Einpersonenstück in Berlin aufgeführt, das später auch in der englischsprachigen Version in London auf die Bühne kam.

Scott und Sarah geben auf

Die große Liebe von Scott und Sarah hat nicht ausgereicht. Jetzt stehen sie vor den Trümmern ihrer Ehe und vor dem Aus als Familie. Es ist Sarah, die nicht mehr kann und nicht mehr will. Scott ist keine Stütze im Alltagsleben, mit den Kindern und bei ihren Erlebnissen als Krankenschwester im Krankenhaus. Doch Scott sieht das anders, will, dass sich nichts ändert und erinnert sich an den Beginn ihrer Beziehung. Wie konnte es so weit kommen? Wie wurde aus dem Zusammenhalt ein Nebeneinander? Und vor allem, was bleibt von den Jahren als Paar und was wird für immer vorbei sein?

Zwei starke, gegensätzliche Charaktere treten hier an

Wie viele von McClanahans Werken, ist auch „Sarah“ als Autofiktion abgefasst. Der Autor scheint das Verwirrspiel um Realität und Fiktion zu lieben, das er durch den Ich-Erzähler Scott auf die Spitze treibt. Scott betreibt eine schonungslose Betrachtung der Beziehung, wobei er sich allerdings über lange Strecken als das Opfer sieht. In diesem Zusammenhang spielt ein blinder Mops, der immer überall aneckt eine interpretationswürdige Rolle.Der egozentrische Charakter Scott weiß um seine Schwächen, wie den übermäßigen Alkoholgenuss und die Gleichgültigkeit gegenüber den alltäglichen Herausforderungen des Familienlebens. Doch er sieht nicht ein, warum er sich ändern sollte – es hat doch bisher auch so immer funktioniert. Sarah sieht das anders. Sie versucht die Familie zusammenzuhalten, kümmert sich um alle Probleme und muss gleichzeitig als Krankenschwester emotional viel aushalten. Sie fühlt sich von Scott allein gelassen. Die beiden starke Charaktere geben sich nichts, doch Scott mit seiner jämmerlichen Egozentrik kommt dabei wesentlich schlechter weg. Durch die Ich-Perspektive kennen wir nur seine Gedanken und Gefühle, teilen in Rückblicken seine Erinnerungen an die Anfänge der Beziehung, der großen Liebe, die aber im Alltag schnell abgenutzt wurde. Doch durch seine Sichtweise wird gleichzeitig die kontroverse Wahrnehmung der Situation durch Sarah offenbar, auch wenn diese nie zu Wort kommt.

Ein gewöhnungsbedürftiger Stil

Neben dem Mittel der Autofiktion, wird immer wieder der Stil McClanahans hervorgehoben. Er wird allgemein als provokant und kraftvoll beschrieben. Doch was wohl betont lässig sein soll, driftet oft ins fast schon Vulgäre ab. Die Gedankengänge des Protagonisten sind zwangsläufig individuell, was auch zu einer inkonsistenten Art der Erzählung führen kann: „Dann war mein Teller leer und ich war satt, aber Sarah aß Eier und dann Würstchen und zwei Pfannkuchen und dann noch Obstsalat.

Also Eier.

Würstchen.

Pfannkuchen.

Sirup.

Noch mehr Eier.

Obstsalat.“

Das kann als innovativ und kräftig gelten, macht die Lektüre aber wenig eingängig und unterhaltsam zu lesen. Vielleicht hätte man auch einen deutschen Übersetzer wählen sollen, denn Clements Setz Übersetzung sorgte bei mir an manchen Stellen für Stirnrunzeln. Der Österreicher, selbst mit zahlreichen Auszeichnungen versehener Autor, bleibt in seinem österreichischen Idiom, was in Deutschland manchmal fremd wirkt.

Fazit

Als Autofiktion extrem, im Stil exzentrisch bis vulgär erzählt Scott McClanahan die Geschichte einer Beziehung und ihres Scheiterns. Ein Buch das fordert und Zeit braucht, doch dann lange nachhallt.

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