Ich wünschte, du wärst hier
- C. Bertelsmann
- Erschienen: November 2022
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Was ist wichtig und richtig?
Diana O’Toole liebt es, ihr Leben zu planen. So ist sie nicht erstaunt, als sie, auf der Suche nach Socken, in einer Kommodenschublade ihres Freundes Finn eine kleine Schmuckschatulle findet. Sie wird bald die Dreissig erreichen und gemäss ihrem Lebensplan würde sie dann heiraten. Doch wenige Tage vor der Abreise in die wohlverdienten Ferien erreicht die Pandemie New York.
Abgeschnitten vom Rest der Welt
Finn, der als Assistenzarzt in einem Krankenhaus arbeitet, wird an seinem Arbeitsort unverzichtbar. Er drängt Diana, die Reise allein anzutreten. Widerwillig und mit einem schlechten Gewissen fliegt sie auf die Galapagosinseln. Aber anders als geplant, steht das gebuchte Hotel nicht zur Verfügung. Eine Alternative bietet sich nicht an. Diana muss plötzlich flexibel denken und handeln. Da die Insel mit einer Ausgangssperre belegt wird, ist an eine Rückreise nicht einmal im Ansatz zu denken. Nach dem ersten Schreck und dem Finden einer Unterkunft bei einer alten Frau, beginnt für Diana eine Zeit des Nachdenkens und des sich Besinnens.
Die Sinnfrage
Zwei komplett verschiedene Welten, in denen die Geschichte von Diana spielt. Der erste Teil stellt vor allem die Natur und das Leben auf den Galapagosinseln in den Mittelpunkt. Auf der Insel Isabela gestrandet, muss sich Diana erst mit den neuen Tatsachen anfreunden und akzeptieren, dass im Moment nichts planbar ist. Das Covid-Virus ist auch hier das ultimative Thema. Statt wie die anderen Touristen umzukehren bevor alles geschlossen wird, beschließt Diana auf der Insel zu bleiben. Diese Umstellung von Plan auf Ist und die daraus folgenden Erkenntnisse, die Dianas Welt auf den Kopf stellen, hat Jodi Picoult sehr berührend, aber auch nachhaltig beschrieben. „Manchmal muss man die Perspektive der Distanz einnehmen, und manchmal erkennt man das, was man ansieht, erst, wenn es direkt vor einem ist.“
Jodi Picoult macht Dianas aufkeimende Zweifel in Bezug auf ihr bisheriges Leben, wie auch ihre Angst vor der Zukunft, fassbar. Mit den außergewöhnlichen Ereignissen beginnt für die junge Frau eine spannende persönliche Entwicklung.
Im zweiten Teil des Buchs ändert sich die Stimmung schlagartig. Das Eintauchen in ein durch die Pandemie beherrschtes New York gleicht einem Schock. Nun erzählt Jodi Picoult, wie es Dianas Freund Finn und den Menschen in der Großstadt New York mit COVID-19 ergeht. Alles scheint unwirklich und ist erschreckend. Ausführlich schildert Jodi Picoult die Nachwirkungen der Viruserkrankung und die Strapazen für die Patienten.
Der Roman ist in erster Linie ein Rückblick auf den Beginn der COVID-19-Pandemie und den Auswirkungen – und eine Möglichkeit gegen das Vergessen, wie die Autorin im Nachwort festhält. Gerade weil die Erinnerungen relativ frisch und fassbar sind, können viele Menschen davon erzählen. Diese Tatsache hat die Autorin zu nutzen gewusst und in ihrem Roman anschaulich verarbeitet. Nicht nur im Roman stellt sich unvermittelt die Frage, was für jeden Einzelnen wichtig und richtig ist.
Fazit
Die Lektüre ist nie oberflächlich und trotzdem irgendwie schwerelos. Geschickt verbindet die Autorin die Aufarbeitung der Pandemie mit der Frage nach dem Sinn des Lebens und rückt damit den Menschen in den Mittelpunkt. Eine packende und aufwühlende Lektüre mit einer ganz und gar unerwarteten Wendung.
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