Fräulein Steiff

Fräulein Steiff
Fräulein Steiff
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Monika Wenger
871001

Belletristik-Couch Rezension vonSep 2022

Von der kleinen Schneiderei zum Spielwarenimperium

Wer kennt sie nicht, die Kuscheltiere der Marke Steiff, die mit dem Knopf im Ohr. Maren Gottschalk hat sich in ihrem biografischen Roman der Lebensgeschichte von Margarete Steiff angenommen. Margarete Steiff, die mit knapp zwei Jahren an Kinderlähmung erkrankte und sich trotz etlichen Hindernissen zu behaupten wusste. Ihr, dem «Gretle», ist es gelungen, mit Hilfe ihrer grossen Familie, aus einer kleinen Schneiderei ein Imperium aufzubauen.

Margarete Steiff wusste sich bereits als kleines Kind bemerkbar zu machen. Gar oft meinte die Mutter, dass sich Gretle doch etwas zurücknehmen müsste. Es sei zu laut und zu fordernd, dieses Kind. Doch Gretle will bei den Kindern sein. Mit ihnen mitspielen, auch wenn die grösseren Kinder sie tragen müssen. Denn Gretle kann nicht laufen. Die Folgen der überstandenen Kinderlähmung. Aber das Gretle hat Glück: Meistens ist jemand da, der sie trägt, in einer Handkarre mitzieht oder sie auf einem Wagen mitfahren lässt. Und so kann sie ihre Kindheit trotz der stets unleidlichen Mutter und den Einschränkungen als Folge der Krankheit geniessen. Sie wächst zu einer patenten und humorvollen Person heran, die jedes Stück Unabhängigkeit zu schätzen weiss.

Herzzerreissendes Weinen

Der Roman beginnt mit dem herzzerreissenden Weinen eines Mädchens, das ihren verletzten Teddy im Arm hält. Margarete Steiff erinnert sich, während sie den Bären repariert, an ihre Anfänge. Mit der Herstellung eines «Elefäntle» aus Filz, das als Nadelkissen für Ihre Schwägerin Anna Verwendung finden sollte, hat alles begonnen. Ihr Neffe Paul verliebt sich in das Filztierchen – der Beginn der Steiff Kuscheltiere.

«Als Lina sich zu ihr setzt, greift sie nach Margaretes Hand. «Deine Elefäntle, die sind schön. Die haben irgendwas… ich weiss nur nicht was.» Margarete zögert. Dann sagt sie mehr zu sich selbst als zur Freundin: «Ich weiss es auch nicht so genau. Nur ist es wohl so: Sobald ein Kind das Tier in die Hand nimmt, wird es lebendig.» (Quelle: Roman)

Maren Gottschalk erzählt in bestechender Einfachheit die Lebensgeschichte der Margarete Steiff. Sie berichtet von der Kindheit in einem sehr strengen Elternhaus, von den Lichtblicken, wenn Margarete bei der Verwandtschaft Zeit verbringen durfte. Und sie beschreibt das neugierige, humorvolle und willensstarke Kind. Der biographische Roman verfügt über einzelne fiktive Personen und Handlungen, die aber perfekt zu eigentlichen Geschichte passen. Genauso wie die schwäbischen Ausdrücke und die damit geschaffene Atmosphäre.

Einzig das Vor- und Zurückspringen zwischen den einzelnen Zeitabschnitten, den Jahren 1849-1909, ist irritierend. Ereignisse werden vorweggenommen, deren Ursprung und Verlauf erst später eingehend erklärt werden. Daraus ergeben sich zwangsläufig Wiederholungen, die den Lesefluss stören.

Alles in allem aber ist «Fräulein Steiff» eine wunderbar lebendige und eindrückliche Lektüre über das Leben und das Lebenswerk einer starken Persönlichkeit.

 

Fazit

Die unternehmungslustige, willensstarke und humorvolle Margarete Steiff erhält mit diesem biographischen Roman eine weitere Würdigung. Der Autorin ist es gelungen, die Person der Spielwarenfabrikgründerin lebensnah, ohne grossen Pathos, darzustellen und dennoch ein eindrückliches Bild von einer starken Frau und ihrer Zeit zu zeichnen.

Fräulein Steiff

Maren Gottschalk, Goldmann

Fräulein Steiff

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