Der Ruf des Eisvogels

Der Ruf des Eisvogels
Der Ruf des Eisvogels
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Monika Wenger
831001

Belletristik-Couch Rezension vonFeb 2024

Doch es gibt immer zwei Seiten, beim Menschen wie beim Mond.

Olgas Geburtstag, der 1. April 1925, ist auch der Todestag ihrer Mutter. Von klein auf trägt sie deshalb eine gewisse Trauer in sich. Gerade weil sich ihr Vater von ihr abwendet, übernimmt ihr Großvater die Rolle des Erziehers. Jahre später, als ihre Tochter und ihre Enkelin sie mit einem Besuch in der alten Heimat überraschen, holt die Vergangenheit sie wieder ein.

Geburtstagsgeschenk mit Nebeneffekt

Olga weiß schon früh, dass sie Ärztin werden will. Sie schätzt die Art ihres Großvaters, der sie schon von klein auf bei seinen Patientenbesuchen mithelfen lässt. Dieses Wissen wird ihr öfters von Nutzen sein.

Noch ist das Leben für die Menschen in der Uckermark überschaubar und friedlich. Auch für Olga und ihre Freundinnen Lotte und Annemie. Das Aufwachsen und die Jugendzeit sind erfüllt von Abenteuer und gesellschaftlichem Leben. Sie leben in einer Dorfgemeinschaft, die Sicherheit bietet. Später findet der Krieg dennoch seinen Weg in diese Gegend. Nicht nur Olgas Leben verändert sich radikal. Wie viele andere flieht sie mit ihrer kleinen Tochter. In Oldenburg findet sie zunächst eine Bleibe.
Jahre später, Olga hat sich ihren Traum erfüllt und ist Gynäkologin geworden, katapultiert sie das Geburtstagsgeschenk ihrer Tochter und ihrer Enkelin zurück in die Vergangenheit.

Bruchstücke einer Vergangenheit

Anne Prettin gelingt es, eine Geschichte über eine tiefe Freundschaft, wahre Liebe und große Menschlichkeit zu erzählen. Als Frau hat es ihre Protagonistin, nicht nur aber vor allem im Nationalsozialismus, schwer. Gleichwohl bleibt sie sich treu und geht ihren Weg. Alleinerziehend versucht Olga ihrer Tochter Schutz und Geborgenheit zu geben, so wie sie es bei ihrem Großvater erlebt hat.

„Man begegnet in seinem Leben vielen Leuten, aber nur wenigen Menschen.“

Der Roman zeigt auf jeden Fall sehr eindrucksvoll die Vor- und Nachkriegszeit, sowie die schwierige Zeit des Nationalsozialismus. Verschiedene Zeitebenen – die Gegenwart und Olgas Rückblicke in die Vergangenheit – wechseln sich auf angenehme Weise ab. So ist es möglich, sich von den zum Teil erdrückenden Ereignissen zu lösen und den Blick wieder zu klären. Aus den Bruchstücken von Olgas Erinnerungen entsteht ein Gesamtbild.  
Die Geschichte ist spannend aufgebaut und weiß auch mit ihren emotionalen Elementen zu überzeugen. Erst kurz vor Schluss wird der gute Eindruck ein wenig getrübt, da das Ende etwas zu überhastet wirkt.

Fazit

Ein beeindruckender Roman über Freundschaft, Liebe und Zusammenhalt. Trotz der tragischen Ereignisse und den schmerzhaften Erfahrungen, die die Protagonistin machen muss, überwiegen die Gefühle von Wärme und Menschlichkeit. Sie machen die Lektüre zu etwas Besonderem.

Der Ruf des Eisvogels

Anne Prettin, Lübbe

Der Ruf des Eisvogels

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