Zukunftsmusik

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Monika Wenger
701001

Belletristik-Couch Rezension vonFeb 2022

Das Warten auf den Frühling - und vielleicht noch mehr

Vier Frauen – vier Generationen - leben in einer Kommunalka, einer staatlich verordneten Gemeinschaftswohnung. Hier, in Sibirien, geht alles seinen gewohnten Gang. Dennoch scheinen Veränderungen in der Luft zu liegen. Ganz zart zeigen sich erste Ansätze. Noch sind die Bewohner unsicher und zögern zu glauben. Ihr Leben hat andere Prioritäten. Jeden Tag anstehen, ohne zu wissen, was am Ende der Schlange wartet. Eine von vielen täglichen Herausforderungen denen sie sich stellen müssen.

Vier Generationen in einer Wohnung

Die Grossmutter arbeitet aushilfsweise als Hebamme und trägt ein kleines Geheimnis mit sich. Maria, die Tochter, beaufsichtigt die Räume des Naturmuseums und hegt eine stille Leidenschaft für Kleider. Dann ist da die Enkelin, Janka, die als Schichtarbeiterin tätig ist und von einer Musikkarriere träumt. Im Alltag muss sie neben der Arbeit eine kleine Tochter versorgen. Für eine so junge Frau nicht immer einfach. Die vier Frauen teilen sich eine Wohnung und bilden den Kern der Geschichte. Sie alle spüren - jede auf ihre Art - die in der Luft liegende Veränderung. Aber Sibirien ist weit weg und deshalb könnte es noch ein wenig dauern!

Ein politisches Ereignis mit Auswirkungen

Katerina Poladjan nimmt den Tod des Generalsekretärs der KPdSU, Tschernenko, im Jahr 1985 als Ausgangslage für ihren Roman. Sie erzählt von den Lebensbedingungen in einer Kommunalka im weit entfernten Sibirien. Vier Frauen, vier Generationen. Sie beschreibt die beengten Wohnverhältnisse, die ereignislosen Tage und Wochen, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen. Die Autorin berichtet von den sich wiederholenden Abläufen, die zu verworrenen Gedankengängen führen. Katerina Poladjan schafft es, das Milieu und seine Menschen in wenigen prägnanten Worten zu skizzieren. Die unterschiedlichsten Mitbewohner erscheinen auf der Bildfläche – jeder auf seine Weise ein Unikum. Jeder beobachtet jeden. Gleichzeitig ist der Respekt jedes Einzelnen gegenüber den Obrigkeiten erkennbar – eine Art absoluter Gehorsam, der aber auch Resignation bedeuten könnte. Wer weiss das schon so genau.

«Dass die Menschen immer noch nicht verstanden haben, dass persönliches Glück ohne Allgemeinwohl nicht möglich ist.» (Quelle: Roman)

Fazit

Katerina Poladjan hat eine Zeitkapsel sowjetischer Geschichte auf einhundertzweiundneunzig Seiten verewigt. Eine nicht ganz einfach zu lesende, aber intensive Lektüre über ein Leben in einer Kommunalka in Sibirien. Beeindruckend authentisch.

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