Zum rosa Hahn

- OT: PÅ LANDEVEIEN MELLOM COTTBUS OG BERLIN

- aus dem Schwedischen von Ina Kronenberger & Hinrich Henkel-Schmidt

- HC, 320 Seiten

Zum rosa Hahn
Zum rosa Hahn
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Laura Müller
891001

Belletristik-Couch Rezension vonAug 2022

Eine Geschichte ohne Raum und Zeit

Eine Stadt

„Zum rosa Hahn“ liegt in einer Stadt im Osten von Deutschland, die von einer gelangweilten Herrscherin regiert wird. Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, unerzogene Kinder, Krankheit und Reichtum leben dort wie überall nebeneinander. Bis vor Kurzem waren der Kunstszene sämtliche Gelder verwehrt worden, weswegen sich ein Großteil der Künstler im Tiefschlaf befindet. Eine geistlose Gesellschaft wird dem Leser präsentiert, die nun, durch eine junge, unerfahrene und willkürlich entscheidende Regentin eine Chance erhält, die dem restlichen Land verwehrt bleibt.

Zwei Goldmacher

Zwei Goldmacher reisen durch Deutschland, auch wenn das Ausüben ihres Handwerks streng verboten ist. Gold zu besitzen ist verboten, macht süchtig, macht gierig, schränkt die Macht der Herrscher ein, wenn andere zu viel davon besitzen und stellt somit Machtansprüche in Frage. Unter misstrauischen Blicken der Anwohner beziehen sie ihr Zimmer im „Zum rosa Hahn“. Als ein Mord geschieht, sieht alles danach aus, als habe er mit ihnen zu tun. Dieser klassische Aufbau erfährt einen abrupten Bruch. Auch wenn die Protagonisten und der Höhepunkt deutlich auszumachen sind, müssen sie sich mit Nebenrollen begnügen, denn eigentlich geht es nicht um sie.

Nebensächliche Geschehnisse, scheinbare Randerscheinungen und Schattenschauplätze erzählen die eigentliche Geschichte.

Erik Fosnes Hansen erzählt ohne Raum und Zeit. Mal meint man sich in der Zukunft zu befinden, mal verfolgt man das Geschehen in mittelalterlichen Gassen und schließlich lassen einen sprachlich zeitgemäße Spitzen erkennen, dass die Geschichte offensichtlich zeitlich nirgends anzusiedeln ist.

Sprachliche Bilder werden zur Realität

In diesem Buch wird alles auf den Kopf gestellt. Kein Lebewesen in diesem Buch ist allein durch seine Wesensart einem anderen verbal, kognitiv oder motorisch unterlegen oder überlegen. Keine Handlung, Aussage oder Denkweise ist unmöglich.

Mit wunderbarem Sprachwitz, wie neuerschaffenen Metaphern und sprachlichen Bilder, die zur Realität erhoben werden, sorgt Erik Fosnes Hansen für wahren Lesegenuss. Kein Satz in diesem Buch erlaubt es einem, nicht mit absoluter Aufmerksamkeit gelesen zu werden. Durch die Normalität des Unnormalen und das Verschmelzen von Fiktion und Realität entfaltet das Buch seine Ironie.

Fazit

Ein unglaubliches Buch, der mit allen Regeln der Literatur bricht und sich dem Surrealismus verschrieben hat.

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