Die Poesie einer Insel
Mondariz ist eine spanische Insel im südlichen Atlantik. Auf dieser Insel hat ein junger Musikwissenschaftler vor zehn Jahren mit seiner damaligen Freundin Urlaub gemacht. Nun ist er von ihr getrennt, ein Vulkanausbruch hat die Insel erschüttert und viele der Einwohner sind aufs Festland evakuiert worden; teilweise sind sie nicht zurückgekommen. Doch der junge Mann ist wiedergekommen auf der Suche nach Leben und Werk des Komponisten José Diego Coimbra, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts dort geboren wurde und gelebt hat.
Der Erzähler spürt nicht nur Coimbra und dessen Familie nach, sondern auch seiner eigenen Vergangenheit und der der Insel. Innerhalb seiner Forschungswoche ändert sich seine Sicht auf das Leben wie das Wetter auf der Insel – mal stürmisch, mal ruhig, mal geheimnisvoll. Und wie in einem Tagebuch berichtet er seiner ehemaligen Liebe, was auf Mondariz übriggeblieben ist von … allem.
Eine verflossene Liebe
Der Autor Yorck Kronenberg erzählt seine Geschichte aus der Sicht eines namenlosen Ich-Erzählers. Dieser hat vor zehn Jahren mit seiner damaligen Freundin auf Mondariz Urlaub gemacht. Nun ist er nicht mehr mit ihr liiert, erzählt ihr aber ausführlich dieses Buch, spricht sie immer wieder persönlich an und blickt so gleichzeitig voraus, zurück und im Jetzt. Die Perspektiven wechseln sich häufig ab und erzählen immer wieder Szenen aus der Vergangenheit. Hier war er mit ihr glücklich, sie haben die Zeit auf der magischen Insel genossen.
Nun, nach seiner Rückkehr, ist einiges passiert: Ein Vulkanausbruch hat Teile der Insel vernichtet und auch Menschenleben gekostet, immer wieder kommen Stürme, die die Insel verändern, und einige Einwohner kehren zurück und stellen sich der Herausforderung, während andere auf dem Festland bleiben. So wie die Insel, so ist auch die Musik des Komponisten Coimbra: Es ist alles an Emotionen darin, alles ist möglich, gerade auch, wenn der junge Miguel auf dem Klavier spielt. Er strebt ein Musikstudium auf dem Festland an - ein Exot in seiner Heimat.
Rückkehr ins Paradies
Der Erzähler trifft alte Bekannte wieder, die sich sogar noch an ihn erinnern können, und lernt auch neue Menschen kennen; alle insgesamt machen die Insel aus. Und auch die Insel hat ihr Geheimnis, namentlich in einer Grotte, die vom Erzähler vor zehn Jahren zum ersten Mal mühsam bestiegen wurde und seitdem eine Gefahr für alle darstellt, die sie erforschen wollen. Die Insulaner sehen in ihr etwas mystisches, ein Symbol für die gesamte Insel.
Als der Erzähler die Partituren von Coimbra studiert, entdeckt er etwas ganz neues, was er vorher noch nie gesehen hat: Zwischen den einzelnen Instrumentenstimmen hat der Komponist mit kleineren Noten weitere Stimmen notiert, die nicht gespielt werden müssen, aber können, und so entsteht ein Stück bei jeder Aufführung neu. Mit jeder hinzugefügten oder weggelassenen Stimme ändert das Stück seinen Charakter, man könnte auch nur die hinzugefügten Stimmen spielen. Dies passt zur Stimmung der Insel, die immer die gleiche ist, aber durch jede Veränderung von Menschen, die kommen oder gehen (oder eben durch einen Vulkanausbruch), ihr Wesen verändert.
Zauberhafte Musik
Kronenberg schafft mit Mondariz eine Insel, auf der alles möglich ist und die alles und jeden ändert und jederzeit ändern kann. Dem Autor gelingt es durch seine fantasievolle Sprache, den Leser in seinen Bann zu ziehen, ohne dass er es merkt und am Ende sagen könnte, wie dies geschehen ist. Wie in der Musik von Coimbra ist alles geschrieben, aber nicht alles hörbar, und trotzdem vorhanden und verborgen zugleich - eine Reise, auf die sich jeder gerne begeben sollte.
Fazit
Yorck Kronenberg schafft mit seinem Roman Mondariz ein zauberhaftes Idyll, das eigentlich keines ist und trotzdem wieder doch. Und auch wenn das Paradies zerstört wurde, bedeutet es für jeden etwas anderes. Alles ist da, alles ist möglich, auch anhand der Musik von Coimbra. Ein zauberhafter und poetischer, aber nicht schnulziger Roman. Empfehlenswert!
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