Die Dorfschullehrerin

  • Lübbe
  • Erschienen: November 2021
  • 3

- TB, 448 Seiten

- Bd. 1

Die Dorfschullehrerin
Die Dorfschullehrerin
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Sandra Dickhaus
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Belletristik-Couch Rezension vonMär 2022

Andere Erwartungen an den Plot und die Figuren

1961: Helene Werner, eine junge Lehrerin aus der Großstadt, lässt sich in eine Schule aufs Land versetzen. Sie wird dem konservativen, alteingesessenen Kollegium vorgestellt und findet sich dort in einem Konflikt wieder. Ihr Erziehungsstil ähnelt nicht dem der meisten anderen Kollegen, die ihre Schülerinnen und Schüler noch für jede Art von Vergehen oder Unaufmerksamkeit körperlich züchtigen. Dagegen wehrt sie sich und stößt beileibe nicht auf Verständnis. Als einzigen Verbündeten hat sie Landarzt Tobias auf ihrer Seite. Doch ihre Versetzung ist nicht zufällig, denn genau dort, wo sie nun unterrichtet und lebt, liegt die Grenze zur „Ostzone“…

Band 1 der Reihe um die junge Lehrerin

Der erste Band um die engagierte junge Lehrerin ist einer der vielen Romane, die die Autorin schon unter ihrem bürgerlichen Namen oder zahlreichen Pseudonymen verfasst hat. Man kann ihr nicht absprechen, dass sie sich über die historischen Gegebenheiten rund um die Zeit der 1960er, die Probleme und Unsicherheiten, die die West- und Ostzonen mit sich brachten, Spitzeleien und einem, zumindest im Westen noch, körperlich-autoritären Erziehungsstil, informiert hat. Allerdings nimmt dies, trotz großer Ankündigung im Klappentext, nicht die gewünschte Intensität ein. Auch das Einbetten der Rolle der Frau und den Vorurteilen gegenüber denen, die in einer anderen Zone leben als sie, ist löblich, aber dennoch nicht handfest und stringent nachdrücklich verfolgt worden.

Abdriften in eine seichte Liebesgeschichte

Das Ganze driftet relativ schnell in eine Geschichte rund um Schicksal und Liebe, was sich aber schon auf den ersten Seiten durch das erste Aufeinandertreffen der beiden Protagonisten Helene und Tobias abzeichnet. Dabei wird gerade Helene als Figur zu perfekt dargestellt, sie ist wunderschön, noch dazu intelligent und kann stets anpacken, wo Not am Mann bzw. der Frau ist. Doch wenn man eine solche Figur kreiert, die sich gegen das herkömmliche Schulsystem stellt, sollte man doch nicht in Klischees verfallen – gerade dies ist der Autorin aber leider passiert. Muss man als Frau hübsch und perfekt sein, um zu gefallen und sich durchsetzen zu können? Genau diese Attribute sind hier wahrscheinlich zum Zweck der Unterhaltung eingebaut worden, leider aber zum Nachteil der historischen Gegebenheiten, die irgendwie doch zu schnell in den Hintergrund rücken. Dadurch wirkt das Ganze nach einigen Seiten eher wie ein Liebesroman. Wer solche Romane mag, dem sei es gegönnt. Doch aufgrund der Buchbeschreibung wird die Leserschaft einen anderen Fokus auf das Geschehen gelegt haben, denn gerade die angepriesenen Neuerungen, die die junge Lehrerin einbringen soll, werden nicht so nachhaltig verfolgt wie anfangs angenommen. Schade! Das bedeutet, wenn der Plot anders beschrieben worden wäre, hätte man mit Sicherheit schon sofort die richtige Leserschaft angesprochen – nämlich die, die eine Romanze mit viel Drumherum mögen.

Bildhafte Sprache und ein leicht lesbarer Stil

Die Autorin nutzt eine bildhafte Sprache und schreibt in einem leicht lesbaren Stil. Die Figuren befinden sich in einer Zeit rund um die Ost-West-Geschehnisse verbunden mit Themen wie Flucht und Vertreibung. Auch Helene hat ein Geheimnis, das sich in das Geschehen einbetten lässt. Eine parallel laufende Handlung auf der anderen Seite der Grenze beleuchtet das Ganze von beiden Seiten.

Fazit

Eine andere Aufmachung hätte andere Erwartungen geweckt: Wer diesen Roman mit dem Hauptaugenmerk auf die Zustände in den Schulen der damaligen Zeit und der Erziehung lesen möchte, wird die Geschichte als zu seicht empfinden. Wer einen leichten Plot mit einer Liebesgeschichte zwischen einer Lehrerin und einem Landarzt und deren Schicksalsschläge lesen mag, der ist hier goldrichtig.

Die Dorfschullehrerin

Eva Völler, Lübbe

Die Dorfschullehrerin

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