Jenseits des Abgrunds

- OT: Un té en el fin del mundo

- aus dem Spanischen von Maria Hoffmann-Dartevelle

- HC, 240 Seiten

Jenseits des Abgrunds
Jenseits des Abgrunds
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Monika Wenger
701001

Belletristik-Couch Rezension vonJul 2022

Widerwillig auf dem Weg einen letzten Wunsch zu erfüllen

Mit den sterblichen Überresten seines Bruders in einer Urne macht sich Toni auf den Weg in die Rocky Mountains, um Jonathans letzten Wunsch zu erfüllen. Seine Asche soll an einem bestimmten Ort der Natur übergeben werden. Widerwillig, aber tieftraurig über den Tod seines Bruders, ist es Toni ein Anliegen, dem Wunsch nachzukommen.

Auf der langen Fahrt erinnert sich Toni an so manche Begebenheit aus der Vergangenheit und die vielen Gespräche mit Jonathan. Je länger er in seinem Auto unterwegs ist, desto mehr erkennt er einige Wahrheiten Jonathans Aussagen. Bei einem Zwischenstopp an einer abgelegenen Raststätte lernt er eine ältere Frau kennen, die ihm von einem alten weisen Japaner erzählt, der einsam in einer Hütte in der Nähe eines Abgrunds lebt. Er soll bereits vielen Menschen geholfen haben, die ihrem Leben ein Ende setzen wollten. Toni, als erfahrener Journalist, wittert die Story und macht sich auf den Weg zu dem alten Mann.

Mit dem Kennenlernen des Abgrundhüters eröffnet sich für Toni eine andere Welt. Mehr und mehr setzt er sich mit der eigenen Vergangenheit auseinander.

« […] und erinnerte mich an einen Gefühlszustand, den ich aus meiner Jugend kannte. Er hatte mit der Gewissheit zu tun, dass der Schmerz der Welt zu gross ist, um ihn heilen zu können.» (Quelle: Roman)

Gleichzeitig hört er viele Geschichten von Menschen, die Dank der Anteilnahme Kosei-sans, dem alten Japaner, wieder einen Sinn in ihrem Leben gefunden haben.  

Gespräche am Rand des Abgrunds über den Sinn des Lebens

Der Roman der beiden Autoren lässt die Hektik aussen vor und verbreitet Ruhe und Gelassenheit. Vor allem im ersten Teil des Romans, dort, wo Toni mit sich und seinem Leben hadert und tausend Gründe findet, die seinen Lebensweg so und nicht anders beeinflusst haben. Dann trifft er auf den alten Japaner Kosei-san und nun macht sich das angenehme Gefühl von Gelassenheit breit. Obwohl die Geschichten, die Kosei-san erzählt, erschütternd und berührend sind, bleibt das Gefühl, dass alles gut wird. Er hört den Verzweifelten zu und findet stets die richtigen Worte, zeigt Perspektiven.

Im letzten Teil verliert die Geschichte an Tiefe und wird oberflächlicher und wirkt auch etwas aufgesetzt. Sie büsst eindeutig an Gehalt ein. Ob es an den verschiedenen Autoren liegt, die einen unterschiedlichen Stil pflegen? Jedenfalls verbinden sich einzelne Elemente nicht harmonisch miteinander.

Dennoch wirkt sich die Geschichte durch den herzensguten und menschenfreundlichen Charakter Kosei-sans positiv aus. Die Ergänzung durch philosophische Zitate und die berührende Lebensgeschichte des Abgrundhüters verstärken die emotionalen Komponenten. Eine höchst einfühlsame und lebensbejahende Lektüre.

«Weisst du was?», sagte er zum Schluss. «Alle Schritte, die ich in meinem Leben getan habe, die guten wie die schlechten, würde ich wiederholen, nur um zu diesem Augenblick zu gelangen und dieses Gespräch mit dir führen zu können.» (Quelle: Roman)

Fazit

Tiefgründige Gespräche und späte Einsichten sind in diesem Roman zu finden. Eine zarte und einnehmende Geschichte, die im zweiten Teil leider etwas von ihrem Charme einbüsst.

Jenseits des Abgrunds

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