Alles inklusive

  • Diogenes
  • Erschienen: Januar 2011
  • 1
  • Zürich: Diogenes, 2011, Seiten: 5, Übersetzt: Maria Schrader, Maren Kroymann & Petra Zieser
Alles inklusive
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Michaela Sonnabend
891001

Belletristik-Couch Rezension vonAug 2011

Einmal alles wie immer, bitte, nur mit Sonne.

Keiner der Charaktere von Dörries neuem Roman Alles inklusive hat diese Bestellung ernsthaft aufgegeben, trotzdem bekommen sie sie, ob sie nun wollen oder nicht. Der Leser lernt die kleine Apple unter der spanischen Sonne kennen und genau dort lässt er sie auch zurück, als sie schon erwachsen ist.

Apple, das ist der Name, den Hippiemutter Ingrid für ihre Tochter ausgesucht hat. Man kann sich denken, dass das Apples Mitmenschen sehr belustigt, dabei ist ihr Leben alles andere als erheiternd. Als Kind verbringt sie die Sommer mit ihrer Mutter in Spanien, wo diese ihren Schmuck verscherbelt, um an Geld zu kommen. In Spanien sein heißt für Apple nicht im Pool planschen, Unmengen von Eis verschlingen und Sandburgen bauen. Nachts schlafen sie in "stinkenden Schlafsäcken" im Zelt. "Ich hasste die spanische Hitze, die mir morgens schon wie ein Hammer auf den Kopf schlug, wenn ich aus dem Zelt kroch, mir den ganzen Tag Durst machte, mir in den Augen stach, mich platt und müde und schwitzig werden ließ." Die meiste Zeit verbringen sie und ihre Mutter am Strand der Nackten, der durch eine Bucht vom Spießerstrand getrennt ist, wo Karl mit Heike und Tim in der Sonne liegt. Apple mag Heike und Karl mag Ingrid, aber anders. Tim vergisst niemals den Anblick seiner blassen Mutter im Pool, als er sie das letzte Mal sah. Später, viel später liegt er Ingrid zu Füßen und als die Tina, die er nun ist, schwört er Ingrid, ihr nicht verzeihen zu können.

Apple will von alle dem am liebsten nichts wissen. Sie will ausbrechen aus ihrem alten Leben, ihre Kindheit hinter sich lassen und nie so werden wie ihre Mutter. Trotzdem laufen ihr die Männer weg und am Ende verliert sie wegen ihrer größten Liebe ihren Job. Das hat Herr Dr. Freud, ihr kleiner, behinderter Mops, sicher nicht gewollt. Susi, Apples beste Freundin, schüttelt über deren Selbstmitleid den Kopf und führt ihr vor, wie man trotz sterbens-krankem, schwulem Mann dennoch nicht den Mut verliert.

Dörrie schafft es, uns ganz ungewöhnliche Menschen vorzustellen, die trotzdem alle sehr liebenswürdig sind, denen man sich nahe fühlt. Man will ihnen gerne was Schlaues raten, weiß aber dann doch nicht was, weil ihre Leben zeigen, dass es oft so sehr anders kommt, als man denkt. Sicher fühlt man sich ihnen auch deshalb so nah, weil Dörrie sie alle aus ihrem Inneren erzählen lässt, also die Erzählperspektive kapitelweise ändert. Man könnte den Eindruck bekommen, wer nicht selbst erzählen darf, ist ignorant und wird ausgegrenzt. Deshalb darf der Hund reden, aber Karl nicht.
Ein lesenwertes Buch, das einen angenehm oft zum Lachen bringt und die eigenen Probleme beiseiteschiebt. Stimmungsbooster!

Alles inklusive

Doris Dörrie, Diogenes

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