Wer, wenn nicht wir

- TB, 319 Seiten

Wer, wenn nicht wir
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Monika Wenger
731001

Belletristik-Couch Rezension vonJun 2020

Ausgeliebt?

Viola ist Klarinettistin und unterrichtet an der Hochschule. Sie leidet darunter, von Florian nicht mehr wahrgenommen zu werden. Florian ist in seinem Beruf als Unfallchirurg stark engagiert. Der Job fordert ihm viel ab und lässt, bedingt durch die unregelmäßigen Arbeitszeiten, kein geregeltes Familienleben zu. Dies belastet die Beziehung immer mehr. Enttäuscht und verletzt zieht sich Viola zurück in ihr Schneckenhaus.

«Er war der Emotionale, sie war die Sensible. Das hatte sich eine Zeit lang gut ergänzt, dann war aus ihm der Unbeherrschte und aus ihr die Mimose geworden – in ihrer neuen Wortwahl.»

Das Ehe-Aus scheint die logische Konsequenz zu sein. Gemeinsam wollen sie eine würdige und einvernehmliche Trennung, allein schon wegen der Kinder. Diese sind erst erstaunt, gewöhnen sich dann aber überraschend schnell an die neue Situation. Als Florian eine Wohnung findet und auszieht, scheint sich alles einigermaßen zu fügen - wenn da nicht der nicht stornierbare Urlaub wäre.

«Denn schuldig fühlen wir uns manchmal mit Recht, manchmal aber auch grundlos.»

Der Roman von Barbara Leciejewski ist mit einer gewissen Leichtigkeit, ohne große Dramatik geschrieben. Die gut platzierte Situationskomik lockert die Geschichte auf, ohne dass die Ernsthaftigkeit darunter leidet.

Das Nichterscheinen von Florian an einem Konzert ist der Auslöser für Violas endgültigen Trennungsentscheid. Die Autorin beschreibt anschaulich das langsam sich anbahnende Ende der Ehe. Geschickt zeigt sie auf, wie die Macht der Gewohnheiten, die sich einschleichende Gleichgültigkeit die Liebe und Vertrautheit zum Verschwinden bringen. Irgendwann ist der Punkt erreicht und die Frage ist nicht mehr «ob», sondern «wann» die Trennung vollzogen werden soll.

Der Entschluss, getrennt den Urlaub anzutreten, gleichzeitig aber im selben Hotel unterzukommen, ohne sich unter Umständen täglich zu begegnen, ist wahrscheinlich utopisch, verstärkt aber den Reiz des Ganzen.

«Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.»

Der nicht stornierbare Urlaub auf Rhodos, dieser Ortswechsel, ermöglicht Viola und Florian schlussendlich, ihre Beziehung zu überdenken, Abstand zu gewinnen, über sich selber nachzudenken. Losgelöst vom Alltag, ohne Ablenkung, als Einzelpersonen unterwegs, entsteht für die Beiden die Möglichkeit, sich selber neu zu entdecken. Ob sie sich als Paar auch wiederfinden?

Fazit

Die Geschichte ist leicht und flüssig erzählt, ohne in Trivialitäten abzurutschen. Die Insel Rhodos und ihre Sehenswürdigkeiten lassen Feriengefühle aufkommen und die Schmetterlinge tanzen nicht nur im gleichnamigen Tal. Die Nebenfiguren sind etwas überzeichnet, zeigen aber gerade deshalb deutlich, was Viola und Florian aneinander schätzen und lieben. Trotz des etwas langatmigen Mittelteils ist die Lektüre unterhaltsam und macht auf eine ganz eigene Weise nachdenklich.

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