Lubotschka

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Lea Gerstenberger
651001

Belletristik-Couch Rezension vonMai 2019

Ein literarisch ambitionierter, nostalgischer Coming-of-Age-Roman

Sankt Petersburg, genannt Piter, um die Jahrtausendwende. Das Ende der Sowjetunion ist besiegelt, verblasster Zarenglanz und europäischer Kapitalismus treffen in der Metropole aufeinander. Lubotschka wird 18 Jahre alt und beendet gerade die Schule. Mit ihrer alleinerziehenden Mutter wird sie bald nach Deutschland umziehen – ein Aufbruch ins Ungewisse, der gleichzeitig mit Hoffnungen verbunden ist. Ähnlich wie ihre Heimatstadt steht Lubotschka an einem Wendepunkt, und um Abschied zu nehmen, flaniert sie durch Sankt Petersburg und reflektiert ihr bisheriges Leben, ihre Erinnerungen und Träume.

Fetzen aus ihrer Kindheit, das Erwachsenwerden im Mädcheninternat, ihre ersten erotischen Erfahrungen, schließlich der Konsumrausch nach der Wende, Lubotschka kommentiert ihre Entwicklung mal mit gewitztem Selbstbewusstsein, mal mit trüber Melancholie. Die Gegensätze von Vergangenheit und Zukunft, von Ost und West, werden an ihrer Geschichte deutlich.

Die Sprache ist recht einfach gehalten, in ihrer Schlichtheit aber umso pointierter. Während Lubotschka bisweilen sehr erwachsene Gedanken fasst, ist sie andererseits – altersgemäß – oft sehr mit sich selbst beschäftigt. Damit kann sie bisweilen etwas anstrengend sein, besonders, wenn sie sehenden Auges unkluge Entscheidungen trifft, einfach, um die Erfahrung zu machen. Auch, wenn sie es eigentlich schon besser weiß. So bleibt man als Leser teilweise ein wenig auf Distanz, obwohl die Einfühlung in ihre Person oft gut gelingt. Meine Lieblingsfigur war aber ihre Mutter: Teilweise überfordert, streng, darin oft missverstanden, aber mit großer Fürsorge und Liebe für ihre Tochter, die es ihr oft nicht leicht macht.

„Lubotschka“ hat wenig konkrete Handlung, sondern lebt von den Rückblicken und Gedanken, die sich die Erzählerin macht. Das Gefühl der Zerrissenheit, das Lubotschka ebenso erlebt wie Sankt Petersburg, wird im Leser gleichfalls wachgerufen.

Fazit:

Ein literarisch ambitionierter, nostalgischer Coming-of-Age-Roman, der dazu einlädt, gemeinsam mit der Protagonistin ein Wechselbad der Gefühle zu durchleben.

Lubotschka

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