Adolph Menzel. Auf der Suche nach der Wirklichkeit

  • C.H.Beck
  • Erschienen: Januar 2015
  • 0
  • München: C.H.Beck, 2015, Seiten: 304
Adolph Menzel. Auf der Suche nach der Wirklichkeit
Adolph Menzel. Auf der Suche nach der Wirklichkeit
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Sebastian Riemann
901001

Belletristik-Couch Rezension vonJun 2017

Die Person und der Künstler Adolph Menzel aus der Nähe betrachtet

Denkt man an Friedrich den Großen, denkt man an den Feldherren, den preußischen Staatsmann, den aufgeklärten Monarchen, der Philosophen und Künstler zu seiner Tafelrunde einlud, man denkt an den Verfasser des Anti-Machiavelli, der selbst zum Unterdrücker wurde, man denkt auch an den Verfasser verschiedener Flötenkonzerte. Eine schillernde, vielfältige, mitunter widersprüchliche Persönlichkeit, die auch heute noch viele Menschen in ihren Bann schlägt. Nicht nur aufgrund der Geschichten um seine Person und seine Taten ist Friedrich der Große heute eine wichtige Figur der preußischen und deutschen Geschichte, sondern auch aufgrund der Bilder, die von seiner Vielfältigkeit zeugen. Er ist noch immer präsent, man kann ihn noch immer bewundern, weil er uns auf großen und kleinen Bildern in äußerst lebhafter Form dargebracht wird. Dieses Verdienst gebührt Adolph Menzel, dem großen realistischen Maler, dessen Werke unsere Ideen von Friedrich dem Großen und vom 19. Jahrhundert maßgeblich prägen. Er brachte uns Friedrich den Großen als Musiker, als reitenden Herrscher und Feldherrn in schwierigen Situationen. Viele seiner Bilder befinden sich heute in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel und werden von Millionen Besuchern gesehen und bewundert. Menzel ist der Maler Berlins und noch viel mehr.

Werner Busch hat in Adolph Menzel. Auf der Suche nach der Wirklichkeit das Werk dieses einzigartigen und historisch herausragenden Malers unter die Lupe genommen, er hat den Menschen im Maler und seine Wirkung als Vertreter seiner Epoche auf die Nachwelt festgehalten. Dabei geht er natürlich auf die verschiedenen Friedrich Bilder ein - sie bestimmen über viele Jahre das Streben Menzels und sind Ausdruck seiner großer Ambitionen, zudem sein heute meist geachteter Nachlass an die Nachwelt -, aber Werner Busch geht weiter, schlägt den Bogen von Menzels Anfängen als Gebrauchsgraphiker bis hin zu den späten Bildern mit Massenszenen. Denn Menzel war natürlich mehr als nur der Maler der preußischen Gloria.

Busch bringt dem Leser die Biografie Menzels näher, berichtet von den familiären Verhältnissen, in denen er aufwuchs, von den Freundschaften mit anderen Malern und Künstlern, aber auch von einer sehr persönlichen Seite Menzels, die sich dem Betrachter nur indirekt erschließt und nur aus dem Zusammenspiel von Werk und Leben ersichtlich wird. Adolph Menzel war kleinwüchsig und als solcher eine Randfigur der damaligen Gesellschaft. Er war ein Einzelgänger, von vielen als komischer Kauz angesehen. Das nährte in ihm ein Verlangen nach Anerkennung und zugleich eine gewisse Distanz gegenüber jener Gesellschaft, die ihn nicht als vollwertiges Mitglied akzeptieren wollte. In seinem Werk drückt sich diese Ambivalenz zum einen in Hilfskonstrukten aus, die es erlauben höher hinauszukommen, sich größer zu machen, zum anderen in einer satirischen Note, die er seinen Bildern zu geben pflegte.

Das Konzept des großformatigen und reich bebilderten Buches ist übersichtlich. Dem Leser wird in verschiedenen Etappen die künstlerische Entwicklung Menzels erklärt, dabei wird auf biografische Information zurückgegriffen und auf kunsttheoretische Erläuterungen. Menzel wird somit als Mensch und malender Vertreter seiner Zeit dargestellt und dem Publikum mehrfach nähergebracht. Im Zentrum der Ausführungen stehen immer die Bilder, an ihnen demonstriert Werner Busch die Ideen des Malers, seine Absichten und den historischen Kontext, in dem er sich mit dem jeweiligen Werk bewegte. Er zeigt auf, wie Menzel, der seine Schwester verehrte, die Schwester Friedrich des Großen in ungewöhnlich hellem Licht erscheinen ließ, während Friedrich selbst nur scheinbar im Vordergrund steht und als moderner Monarch die Flöte spielt. Busch verweist auf solche persönlichen Elemente und unterstützt sie mit theoretischem Rüstzeug. Die Anordnung der Musiker, der Zuhörer und Beisteher beim Flötenkonzert, die Position des pompösen Kronleuchters, alles wird in seiner farblichen Wirkung und auf die mehrfachen Achsen des goldenen Schnitts hin erklärt, damit der Leser versteht, wie der Maler Menzel die Wirkung erzielt, die ihm als Künstler aber auch als Mensch, dem die eigene Schwester viel bedeutete, wichtig war.

Verständlich und klar ist das Buch geschrieben, es ist für jedermann zugänglich. Zurecht erhielt der Autor den Preis der Leipziger Buchmessen im Jahr 2016. Für alle Interessierten ist Auf der Suche nach der Wirklichkeit ein empfehlenswerter Einstieg ins Werk Menzels, seine Zeit und seine Person. Es ist ein informatives und äußerst unterhaltsames Buch, es sucht nach Details im Hintergrund, im Schatten und nach dem lichten Zentrum der Kunst des großen deutschen Realisten des 19. Jahrhunderts.

Adolph Menzel. Auf der Suche nach der Wirklichkeit

Werner Busch, C.H.Beck

Adolph Menzel. Auf der Suche nach der Wirklichkeit

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