Das geheime Leben der Violet Grant

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2015
  • 1
  • New York: Putnam, 2014, Titel: 'The SecretLife of Violet Grant', Originalsprache
  • München: Blanvalet, 2015, Seiten: 576, Übersetzt: Anja Hackländer
Das geheime Leben der Violet Grant
Das geheime Leben der Violet Grant
Wertung wird geladen
Rita Dell'Agnese
721001

Belletristik-Couch Rezension vonDez 2015

Auf den Spuren einer mutigen Frau

Eigentlich hat Vivian Schuyler die besten Voraussetzungen, ein Leben als verwöhnte Frau zu führen. Sie stammt aus einer wohlhabenden Familie, ist jung und hübsch. Doch sie will mehr vom Leben. Ihre Eltern gestehen ihr zu, dass sie ihren eigenen Weg gehen und sich als Journalistin durchsetzen will. Als Vivian dem jungen Arzt Paul begegnet, steht ihre Welt Kopf. Sie spürt, dass sie in ihm mehr sieht, als nur ein flüchtiges Abenteuer. Nur gibt es da ein paar Hürden, die dem Liebesglück im Wege stehen. Allen voran die Loyalität Viviens zu ihrer Freundin. Die Liebe ist allerdings nicht das Einzige, was die junge Frau umtreibt. Bei ihr ist ein alter Koffer gelandet, der eigentlich für ihre Großtante Violet bestimmt war. Zunächst hat Vivian Skrupel, den Koffer genauer in Augenschein zu nehmen. Also forscht sie als erstes nach, was es mit der vor vielen Jahren verschollenen Violet auf sich hat. Sie stößt auf eine seltsame Geschichte, die besagt, ihre Großtante habe ihren Ehemann ermordet und sei mit dem Liebhaber durchgebrannt. Vivian ist fasziniert und nutzt ihr journalistisches Talent, um weitere Recherchen anzustellen. Nach und nach entfaltet sich vor ihr ein Bild von einer jungen Frau, die vor Beginn des ersten Weltkriegs allen Wiederständen zum Trotz von New York nach England reiste, um ihrer Leidenschaft nachzuleben und Physik zu studieren. Vom Talent und vom Charme der jungen Studentin angetan, verführt ihr Professor Violet und manövriert sie in eine schwierige Ehe.

Zwei Zeitebenen

Die Autorin Beatriz Williams operiert auf zwei Zeitebenen. Zum einen Anfang des 20. Jahrhunderts, in dem die Geschichte von Violet im Zentrum steht, zum anderen in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Da geht es um die Großnichte von Violet, um Vivian. Die beiden Stränge werden schon früh miteinander verbunden, als Bindungsglied dient ein geheimnisvoller Koffer, der bei Vivian landet, jedoch an Violet adressiert ist. Der Wechsel zwischen den Zeitebenen hat durchaus seinen Reiz, da Beatriz Williams sich darum bemüht, tatsächlich zwei verschiedene Welten zu beschreiben. Leider kann sie dabei nicht verhindern, dass ihr Roman das Schicksal etlicher ähnlich konstruierter Romane teilt: Der eine Part ist wesentlich stärker als der andere, hat mehr Ausdruck und Tiefe. Es erstaunt kaum, dass es Violets Geschichte ist, welche die Leserinnen und Leser mehr zu berühren mag. Die Autorin gibt Violet eindeutig mehr Konturen. Sie stattet sie mit einer gehörigen Portion Intelligenz und Mut aus, zeigt aber gleichzeitig auf, welche Steine der jungen Frau alleine aufgrund ihres Geschlechts in den Weg gelegt werden. Nicht ganz so nah kommt Vivian den Lesern. Sie wirkt exaltiert und verwöhnt, kann sich nicht richtig entfalten und verliert sich etwas gar fest in Schwärmereien für den perfekten Paul.

Unterhaltend, aber oft etwas seicht

Hätte sich die Autorin auf das Leben von Violet konzentriert, wäre es ihr gelungen, einen außergewöhnlichen Roman vorzulegen. Denn die Geschichte der jungen Wissenschaftlerin spiegelt die Gesellschaft ihrer Zeit wunderbar wieder und gibt einen Eindruck von den Problemen, mit denen junge, ehrgeizige und kluge Frauen konfrontiert waren, wenn sie einen wissenschaftlichen Weg einschlagen wollten. Subtil stellt Beatriz Williams die Hintergründe der Beziehung zwischen Violet und Professor Grant dar, zeigt auf, wie der ältere Mann seine Studentin zunächst als Mäzen, später als Ehemann manipuliert und sich ihrer wissenschaftlichen Erfolge bedient. Die Auflösung der Geschichte ist durchaus überraschend und möglicherweise etwas weit her geholt, dennoch aber überzeugend. Bei dieser starken Ausgangslange, die auch mit den politischen Ereignissen der Vorkriegsjahre eng verknüpft ist, wäre eine Konzentration auf Violets Geschichte denkbar gewesen. So aber mischt Vivian im Geschehen mit und lässt den Anspruch an den Roman spürbar sinken.

Das geheime Leben der Violet Grant

Beatriz Williams, Blanvalet

Das geheime Leben der Violet Grant

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Das geheime Leben der Violet Grant«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Film & Kino:
The Crown - Staffel 3

Die Queen in ihrer vordergründig repräsentativen Rolle ist eine zeitgeschichtliche Ikone, sodass der Erfolg der seit 2016 bei Netflix laufenden Serie „The Crown“ nicht verwundert. Die dritte Staffel markiert allerdings einen Umbruch: Die Royal Family ist in den 60er-Jahren angekommen und viele Rollen werden neu besetzt, da auch die Blaublüter nicht vor dem Altern gefeit sind. Titel-Motiv: © Des Willie / Netflix

zur Film-Kritik