Das Sternenboot

  • Radioropa
  • Erschienen: Januar 2015
  • 0
  • Daun: Radioropa, 2015, Seiten: 2, Bemerkung: ungekürzte Lesung
Das Sternenboot
Das Sternenboot
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Rita Dell'Agnese
701001

Belletristik-Couch Rezension vonDez 2015

Zwei sizilianische Familien zwischen Hass und Liebe

Es ist eine harte Zeit, in die Nicola und Stella hinein geboren werden. Beide kommen am selben Tag zur Welt: Nicola als Sohn eines Carabiniere, Stella als Tochter einer Adligen. Ihre Lebe könnten unterschiedlicher kaum sein. Nicola wird von seinen Eltern vom ersten Moment an geliebt. Stella hingegen wird unmittelbar nach der Geburt von ihrer Mutter Verstoßen. Die Marchesa ist enttäuscht darüber, dass das dritte Kind, dessen Geburt sie so gebeutelt hat, erneut ein Mädchen ist und gibt das Baby, ohne es eines Blickes zu würdigen, in die Hand ihrer Eltern und ihrer Schwester Assunta. Für Stella ist dies eine glückliche Fügung, denn sie wächst zwar in einfachen Verhältnissen auf, wird aber geliebt. In Nicolas Familie hingegen hält das Unglück Einzug: Sein Vater wird von der Mafia erschossen, was die bisher so glückliche Mutter Flora tief erschüttert. Sie kompensiert den Verlust, indem sie Nicola stark behütet. Als Nicola Stella kennen lernt, ist er fasziniert. Das Mädchen wurde von seiner Mutter inzwischen wieder in die herrschaftliche Villa geholt, allerdings hat sich an der Ablehnung der Marchesa nichts geändert. Stella verschließt sich und lässt auch Nicola nicht an sich heran, obwohl er alles tut, um ihr zu gefallen. Erst als junge Frau wird sich Stella bewusst, welch unglaublicher Mensch Nicola ist. Doch da ist der Standesunterschied. Nicolas Mutter will nichts von einer adligen Schwiegertochter wissen.

Es ist ein Roman voller Gefühle, den Stefanie Gerstenberger hier vorlegt. Natürlich gehört zu diesen Gefühlen auch die Liebe, die durchaus nicht zu kurz kommt. Wer nun aber glaubt, hier einen Roman in Händen zu halten, in dem es vor allem um die Liebe zwischen den beiden Protagonisten geht, irrt. Die Autorin hat hier weit mehr zu bieten: Angst, Ablehnung, Neid, Hass, Verzweiflung, Mut, Hoffnung und noch einiges mehr. Die ganze Palette findet Einzug in die Geschichte. Eindrücklich schildert Stefanie Gerstenberger, mit welchen Gefühlen etwa die Marchesa ihre Tochter sieht, die sie für ihr Elend verantwortlich macht. Auch die Angst der Menschen in Sizilien vor der Mafia ist gut dargestellt. So bietet der Roman also einige kleine Perlen.

Um sich von der breiten Masse abzuheben hätte Das Sternenboot zwar durchaus Potenzial, die Autorin verschenkt dieses aber im Laufe der Geschichte etwas. Unter anderem dadurch, dass das Schicksal von Stella immer deutlicher an das Märchen vom Aschenputtel anlehnt. Zwar ist es hier nicht die böse Stiefmutter, die dem Mädchen das Leben schwer macht, sondern die leibliche Mutter. Doch sind alle anderen Komponenten vorhanden: Stella ist die eine der drei Töchter, die nicht nur schön und klug ist, sondern auch vom Charakter her liebenswert. Ihre beiden älteren Schwestern sind zunächst verzogene Gören, werden dann aber immer mehr zu gehässigen und egoistischen Frauen. Der schwache Vater fühlt sich zwar zu seiner jüngsten Tochter hingezogen, vermag es aber nicht, den Gemeinheiten ein Ende zu setzen. Und Stella lebt in einer winzigen Kammer neben der Küche, putzt und kocht. Sie geht in verschlissenen Kleidern, während sich die Mutter und Schwestern in edle Kleider hüllen. Hier verliert der Roman eindeutig an Aussagekraft und Tiefe - gleitet ins Klischeehafte ab und vermag nicht mehr so richtig zu fesseln.

Dem Leser wird sich auch nicht ganz erschließen, weshalb manche Szenen etwas gar in die Länge gezogen sind. Hier drängt sich die Frage auf, ob es eine Vorgabe gab, wie lange der Roman ausfallen sollte. Vielleicht deshalb, weil - wie deutlich kommuniziert wird - eine Fortsetzung zu erwarten ist. Bedauerlicherweise geht die geplante Fortsetzung auch stark zulasten eines stimmigen Abschlusses. Man kommt nicht umhin, die paar Sätze, die die Geschichte abrunden sollten, als oberflächlich zu empfinden, ja, gar als lieblose Pflicht. Das wird der doch guten Grundlage keineswegs gerecht. Und es löst letztlich nur bedingt den Wunsch aus, die Fortsetzung bald in Händen zu halten.

Das Sternenboot

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