Die Zeit kriegen wir schon Rom

  • Satyr
  • Erschienen: Januar 2015
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  • Berlin: Satyr, 2015, Seiten: 128, Originalsprache
Die Zeit kriegen wir schon Rom
Die Zeit kriegen wir schon Rom
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Sebastian Riemann
791001

Belletristik-Couch Rezension vonAug 2015

Humorvolles Hin und Her, und in Rom

Rom, die ewige Stadt, beliebtes Reiseziel mit unvergleichlicher Geschichte, Prunk und Eleganz. Der ideale Ort, um zwei deutsche Schriftsteller zu beobachten. Ein Buch, getarnt als Reisebericht, berichtet über die gemeinsam verbrachten Tage von Alex Burkhard und Patrick Salmen, ihre Männerfreundschaft, Vorstellungen und Humor. Aus dem Hause des Satyr Verlages kommt dieses unterhaltsame, unkonventionelle Projekt, welches sich einen herrlichen Hintergrund ausgesucht hat, um zwei sympathische Spaßvögel in Szenen zu setzen. Burkhard berichtet von der Zeit in Rom, meist schweift er dabei ab und ergeht sich in Phantasien oder literarische Vergleiche, während Salmen in Fußnoten kommentiert, um seinen Kompagnon auf witzelnde Art zu unterstützen. Das Resultat ist Kurzweil mit Pasta, Wein, und ein bisschen Fußball kommt auch vor.

Alex Burkhard ist Poetry Slammer aus München und endlich mal wieder in Italien. Die Erinnerungen an frühere Reisen sind verblasst und so freut er sich, da sein Flugzeug nach langer Zeit wieder in Rom landet, der Stadt, die ihn die nächsten Tage aufnehmen wird. Er will viel unternehmen, sehen und erleben, das Einzigartige des Ortes aufnehmen und spüren. Doch er ist nicht allein, sein Freund und ebenfalls Poetry Slammer Patrick Salmen begleitet ihn. Gemeinsam ziehen sie durch die Stadt und abends hält Burkhard die Erlebnisse schriftlich fest. Am Ende ergeben sich überraschend umfangreiche Notizen, aus denen dann das vorliegende Buch entsteht, zumindest der Primärtext. Salmen wird als zweiter Autor hinzugezogen, als zweite Stimme, als Kommentator des Erlebten. Er ergänzt die Ausführungen seines Reisegefährten, bekräftigt sie, macht ein paar witzige Bemerkungen zum Geschehen und zu Burkhard. Auf diese Weise liest man über die Reise und bekommt einen spaßigen Metakommentar noch dazu.

Ganz klassisch und wenig aufregend werden die Restaurants beschrieben, in denen die beiden mal mehr, mal weniger erfolgreich die Küche des Landes erleben wollen. Eine kleine Anekdote ergibt sich durch das Kennenlernen anderer Gäste oder aufgrund des Verhaltens des Personals. Klischees spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle, werden jedoch unbeschwert aufgenommen und ins Ironische überführt. Natürlich glaubt Burkhard in einem Restaurant der Mafia zu essen und lässt seiner Fantasie freien Lauf, greift auf altbekannte Bilder zurück, die man nicht ernst nehmen muss. Freilich treffen die beiden auf andere deutsche Touristen – das darf in keinem Reisebericht fehlen, der unterhaltsam sein will – mit denen sie eigentlich nichts zu tun haben wollen, dann aber doch ins Gespräch kommen. Burkhard ist dabei stets der gutgläubige und etwas ahnungslos wirkende Zuhörer, der sich gerne in Gedanken verliert, während Salmen die merkwürdigen Gespräche führt und beide vor größerem Unheil bewahrt.

Burkhard ist der feinfühlige Denker, Salmen der derbe Lebemann im Holzfällerhemd. Das ist die Rollenaufteilung und die Grundlage für den Humor des zweistimmigen Buches. So beschreibt Burkhard die Ankunft im Hotel, die Dame am Empfang und dann auch noch die Schlüssel, die ihnen übergeben werden, was für Salmen Anlass genug ist, den Action-Anteil im Text zu loben, endlich gehe es zur Sache, es geschehe etwas. Doch beschränken sich die Kommentare nicht nur auf die Begebenheiten der Reise, auch das richtige Leben der beiden Slammer und Schriftsteller kommt in regelmäßigen Abständen zur Rede und wird von Salmen durch den Kakao gezogen. Ja, der Burkhard ist nicht so erfolgreich als Autor, seine Fragmentlyrik verkauft sich nicht so gut, Salmen geht es da schon besser und das macht er auch klar, falsche Scheu kennt er nicht und würde ihm auch nicht stehen, dem Buch schon gar nicht, und so macht er seine Späße über den eigenen Erfolg und die Fragmentlyrik seines Freundes.

 

"Denn ich weiß, dass ich es erlebt habe, und die Eindrücke dieser Momente, die Macht dieses Gebäudes und das Kitzeln von Patricks Fußsohlen in meiner Handfläche sind viel lebendiger, als es unzählige Fotos, zumal noch lieblos bearbeitet, je festzuhalten vermögen. Ende des Ausbruchs. ³²

³²Endlich wird's hier mal persönlich. Ausbrüche! Statements! Emotionen! Nieder mit der Digitalisierung! Analoges Handwerk! Reißt die Festplattenbauten ein! Das ist ROM! Burkhard, alter Romantiker, ich liebe dich."

 

Ein bisschen Info zu Rom gibt es natürlich auch, die beiden sind unterwegs und besuchen die Hotspots der Stadt, lesen hier und da die angebrachten Tafeln, lauschen Touristenführern

Noch ein Absatz

Die Zeit kriegen wir schon Rom

Alex Burkhard, Satyr

Die Zeit kriegen wir schon Rom

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