Astronauten

  • C.H. Beck
  • Erschienen: Januar 2015
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  • München: C.H. Beck, 2015, Seiten: 199, Originalsprache
Astronauten
Astronauten
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Kathrin Plett
701001

Belletristik-Couch Rezension vonJun 2015

Das Leben im Jahr 2015

Anders als unsere Vorfahren haben wir heute tausende an Möglichkeiten unser Leben zu gestalten, zumindest hier in Westeuropa. Faktoren wie Elternhaus, Wohnort und Begabung schränken die Möglichkeiten zwar etwas ein, doch im Grundlegenden sind wir so frei wie nie zuvor. So toll es auf den ersten Blick zwar scheinen mag, diese Vielfalt birgt auch Gefahr. Hinter jeder Wegbiegung lauern Entscheidungen, die es zu treffen gilt. Beziehungen, Arbeit und Freizeit sind so schnelllebig geworden, dass das, was früher konstant schien, heute längst nicht mehr konstant ist. Aus Ehepartnern werden Lebensabschnittsgefährten, Arbeitgeber werden ebenso rasch gewechselt. Nicht alle kommen mit diesem Tempo mit. Manch einer verliert sich auch im Leben der Gegenwart und stellt irgendwann fest, dass ein Punkt erreicht wurde, an dem es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann...

Sommer, irgendwo in einer größeren Stadt. Zeno, Darko, Niko, Alex, Alen und Mara, sechs junge Menschen, die auf den ersten Blick kaum Gemeinsamkeiten haben, begegnen sich dort. Was sie alle vereint: Sie befinden sich an einer Stelle in ihrem Leben, an der sie sich neu orientieren müssen, da ihnen ihr altes Leben, so wie sie es bisher geführt haben, verloren gegangen ist oder nicht mehr zu ihnen passt. Zufällige Begegnungen führen sie zueinander oder lassen sie auseinandergehen. Liebe, Verrat, Verzweiflung und Hoffnung entspringen dem Beziehungsgeflecht, das sich zwischen ihnen spinnt und stellenweise zerreißt.

Sandra Gugic wurde 1976 in Wien geboren und lebt als freie Autorin in Berlin und Wien. Nach ihrem Studium der Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien studierte sie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Für ihre Werke erhielt sie bereits Stipendien und Literaturpreise.

Mit Astronauten beschreibt Sandra Gugic das Leben von sechs jungen Menschen, die sich irgendwo im alltäglichen Wahnsinn des Lebens verloren haben. Daher auch der Titel des Romans Astronauten, denn Zeno, Darko, Niko, Alex, Alen und Mara,

„alle müssen sich neu orientieren – wie Astronauten, deren Verbindung zu ihrem Mutterschiff brüchig geworden ist."Auf der Suche nach sich selbst oder nach dem, was ihnen verloren gegangen ist, begegnen sie sich, verlieben und verlieren sich. Ohne es zu merken, stehen sie sich selbst im Weg, verwirrt und sich selbst nicht im Klaren, wie es mit ihnen weitergehen soll. Sandra Gugics Roman passt gut in die heutige Zeit und spiegelt das Lebensgefühl vieler junger Menschen treffend wieder. Auf der Suche nach der Liebe, dem Kick und vor allem dem Großen und Ganzen, das dem eigenen Leben den Sinn gibt und ein Ziel vorgibt. Sprunghaft erzählt Gugic ihren Roman, indem sie mit dem Wechsel zum nächsten Kapitel immer auch eine andere ihrer Figuren in den Mittelpunkt rückt und den Leser auf diese Weise auf Distanz hält, bevor eine zu große Nähe zur jeweiligen Figur entstehen kann. Obwohl sie ihre Charaktere selbst aus ihrer Perspektive erzählen lässt, bleibt der Leser Betrachter. Die Handlungen werden nachvollziehbar, die emotionale Distanz bleibt erhalten, sodass eine neutrale Haltung zu den Figuren bestehen bleibt. Gugic gelingt es auf diese Weise das Beziehungsgeflecht als roten Faden ihres Werkes in den Mittelpunkt zu rücken, das Interesse auf das Agieren untereinander zu lenken, da keiner ihrer Protagonisten im Mittelpunkt steht. Entstanden ist eine interessante Betrachtung einzelner Charaktere, die sich bei ihren Versuchen, die Orientierung im Leben wiederzufinden, begegnen und sich mit allen Konsequenzen der Vielzahl an Möglichkeiten im Leben stellen müssen.

Mit Astronauten ist Sandra Gugic ein stilistisch überzeugender und inhaltlich interessanter Roman gelungen. Authentisch und realistisch beschreibt sie das Leben junger Menschen, die sich auf der Suche nach der Liebe und dem eigenen Glück erst selbst finden müssen, um ihr Leben wieder in die Hand nehmen zu können.

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