Amandas Suche

  • Hamburg: Der Hörverlag, 2014, Seiten: 8, Übersetzt: Andrea Sawatzki
Amandas Suche
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Rita Dell'Agnese
601001

Belletristik-Couch Rezension vonSep 2014

Am Karfreitag bringt er sie um

Angepriesen wird Amandas Suche als erster Krimi von Isabel Allende. Die Autorin, die sich durch tiefgründige und intensive Portraits von starken Frauen einen Namen gemacht hat, versucht sich – zumindest auf den ersten Blick – in einem Genre, das zwar auch bisher vereinzelt in ihre Romane hinein gespielt hat, aber nicht ihre Welt war. So ganz mag sie sich noch immer nicht auf das Genre einlassen, wie dieser Roman beweist. Amandas Suche hat zwar deutlich sichtbare Krimi-Elemente, davon, ein klassischer Krimi zu sein, ist der Roman denn aber doch noch weit entfernt. Gemordet wird zwar üppig – es kommen mehrere Menschen auf ungewöhnliche Weise ums Leben – doch die Aufklärung der Taten will nicht so recht vom Fleck kommen. Damit beauftragt ist Bob Martin, Amandas Vater. Für die 17-jährige ist damit der Weg zu den Fakten der Mordfälle frei. Was sie nicht durch ihren Vater erfährt, erzählt ihr die Sekretärin. Damit füttert Amanda „Ripper", eine Gruppierung von verhaltensauffälligen Jugendlichen mit außerordentlicher Intelligenz, die sich über Internet mit Rollenspiel beschäftigen. Was für die Jugendlichen zunächst wie eine spannende Verbrecherjagd tönt, wird blutiger Ernst, als Amandas Mutter Indiana verschwindet. Die bis dahin kecke Amanda bricht in sich zusammen und findet einzig Hilfe bei ihrem Großvater – dem einzigen erwachsenen Mitglied der Rollenspielgruppe „Ripper" und dem Navy Seal Ryan Miller, der Indiana liebt und bereit ist, sein Leben für sie aufs Spiel zu setzen. Denn „Ripper" weiß eines mit Gewissheit: Am Karfreitag wird Indiana sterben, wenn es Amanda und Ryan nicht vorher gelingt, sie aus den Fängen des Mörders zu befreien.

Schon beim Plot zeigt sich, dass Allende sich nicht so richtig auf den Krimi einlassen mag. Die Kids, die sich auf Verbrecherjagd begeben, erweisen sich als bedeutend effizienter als die Polizei, die ihrerseits kopflos im Dunkeln tappt und keinerlei Verbindungen zwischen den Morden entdeckt. Es ist für die Rollenspielgruppe kein Problem, an sämtliche Fakten heran zu kommen und Ermittlungen auf eigene Faust anzustellen – die Ergebnisse präsentiert Bob Martin dann als eigene Schlüsse. Konstruiert ist letztlich auch die Verbindung der Morde zum Verschwinden von Indiana. Der Zufall wird hier so stark bemüht, dass spätestens hier jeder echte Krimifan abwinken müsste. Doch wäre es grundfalsch, diesen Roman unter dem Aspekt „Krimi" zu beurteilen, oder ihn konsequent diesem Genre zuzuordnen. Wer genau hinsieht, wird erkennen, dass Allende hier ein weiteres Familienportrait vorlegt, das lediglich mit Krimielementen geschmückt ist. Genau so, wie die Autorin ihre bisherigen Romane mit einzelnen Spannungselementen verstehen hat, ist auch Amandas Suche konzipiert. Nur, dass die Autorin hier noch wesentlich mehr skurrile Figuren ins Spiel bringt. Schmunzeln mag man wohl darüber, dass Amandas Katze ausgerechnet „Rettet-den-Thunfisch" heißt. Und auch die tief verwurzelte Religiosität von Bob Martins Familie, die aus Mexiko nach San Francisco gekommen ist, passt gut ins Bild. Leicht überzeichnet wirken dann jedoch bereits die Freunde, mit denen sich Indiana – die mehr schlecht als recht von einer Naturheilpraxis lebt – umgibt. Endgültig ins leicht Absurde gleitet die Erzählung, wenn es um die einzelnen Ripper-Mitglieder geht.

Nicht jedem Autor würde das Publikum diese Ansammlung von schrägen Situationen und Charakteren verzeihen. Isabel Allende kann jedoch mit der Feder so umgehen, dass selbst eine solch konstruierte und über Strecken hinweg unsinnige Geschichte noch unterhaltend ist und man ihr auch Verknüpfungen verzeiht, die grob überzeichnet sind.

Amandas Suche stellt sich also letztlich erneut als Roman um ein ungewöhnliches, familiäres Konstrukt heraus, das in einer intensiven Mutter-Tochter-Beziehung ihren Höhepunkt findet. Es scheint, als wollte die Autorin nochmals alle Elemente vereinen, die ihr bisheriges Schaffen geprägt haben. Entstanden ist dabei ein nicht ganz so überzeugendes und in manchen Bereichen schwächelndes Buch, dass der unbestrittenen schriftstellerischen Qualität der Autorin weder schmeichelt noch gerecht wird. Zu stark kommt das Clowneske hier zum Ausdruck, zu sehr greift Isabel Allende ins Absurde, um das mit der eigentlichen Geschichte auffangen zu können. Es ist also zu hoffen, dass Amandas Suche nicht das letzte Buch aus der Feder von Isabel Allende bleibt – die Autorin hat angekündigt, sich zur Ruhe setzen zu wollen. Das Schaffen der Chilenin hätte einen überzeugenderen Abschluss verdient.

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