Klack

  • Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2013, Seiten: 224
Klack
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Kathrin Plett
751001

Belletristik-Couch Rezension vonMai 2013

Bitte Lächeln

"Agfa Clack", ist wohl ein Begriff, mit dem nicht mehr viele etwas anfangen können, deshalb: Bei einer "Agfa Clack" handelt es sich um eine von 1953-1965 produzierte Kameraserie mit dem Negativformat 8x9 acht Bilder von 120er Rollfilmen liefert. Kennzeichnend und namensgebend dabei das Auslösegeräusch: Klack.

Mit jedem Klack lässt sich ein Moment festhalten, ein Augenblick für die Ewigkeit einfangen, an den sich ansonsten später kaum noch jemand zurückerinnert wird. So geht es auch Markus, dem Protagonisten von Klaus Modicks neuestem Roman "Klack". Bei der Entrümpelung des Speichers stößt er auf eine längst vergessene Kiste mit Fotos, die bei ihm Bild für Bild Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit wachrufen und ihn in sein 14jähriges "Ich" zurückversetzen...

Klaus Modick ist mit seinem neuesten Roman eine detailreiche Beschreibung der 60er Jahre gelungen. Modick, der 1951 in Oldenburg geboren wurde, hat in Hamburg Germanistik, Geschichte und Pädagogik studiert hat und mit einer Arbeit über Lion Feuchtwanger promoviert. Seit 1984 arbeitet er als freier Schriftsteller und Übersetzer. Für seine Werke wurde er bereits mehrfach mit diversen Preisen ausgezeichnet.

In seinem neuesten Roman erzählt Modick die Geschichte von Markus, der auf der Kirmes an einer Losbude eine Agfa Clack gewinnt, mit der er von da an in der glücklichen Lage ist, alles, was ihm wichtig erscheint bildlich festzuhalten. Jahre später findet er als erwachsener Mann die Bilder und erinnert sich mit jedem Bild in seine Entstehungssituation zurück. Jedes Bild wird Aufhänger eines eigenständigen Kapitels, welches Modick stets mit einer detailreichen Beschreibung des leider nicht bildlich abgedruckten Fotos beginnt.

Kapitel für Kapitel erweckt der Autor mit seinen Geschichten die Bilder zum leben und versetzt den Leser in die norddeutsche Kleinstadt der 60er Jahre. Auch wenn jede Ablichtung zunächst für sich steht, führt ein roter Faden durch das gesamte Werk: Der Einzug der Tinottis im Nachbarhaus von Markus. Ein alleinerziehender Vater mit zwei Kindern und noch dazu Italiener, was beides für sich zur damaligen Zeit schon einem Skandal glich, lässt sich in der konservativen und spießigen Nachbarschaft nieder. Vor allem von Clarissa, der Tochter, ist Markus mehr als nur angetan und verliebt sich verbotenerweise in sie.

Klaus Modicks Roman ist eine detailreiche und gleichsam nostalgische Reise, die vor allem bei Lesern, die diese Zeit selbst miterlebt haben, vielfältige Erinnerungen wachrufen wird. Ob die häufig zitierten Schlager, wie etwa der Popocatepetl-Twist von Caterina Valente oder "Ramona" von den Blue Diamonds, Werbeslogans, politische Analysen von Markus Vater zur Tagesschau oder die abstrusen Vorurteile von Markus Oma gegenüber allem, was nicht ihrer Vorstellung von gesittetem Verhalten entspricht, lassen in die Vergangenheit eintauchen.

Modick erinnert an die Cuba-Krise, die Hamburger-Sturmflut oder den Mauerbau und nimmt nicht zuletzt das geordnete Kleinbürgertum aufs Korn.

Auch sprachlich überzeugt das Buch, indem es auch sprachlich die Sicht des 14jährigen Jungen imitiert. Seine Analysen der Liebesbeziehung seiner Schwester zum französischen Untermieter oder seine aufkeimende Liebe zu Clarissa bekommen durch die sprachlich zum Ausdruck kommende Naivität ihren ganz besonderen Charme, der das ein oder andere Mal schmunzeln lässt.

Alles in allem ist Modick mit Klack ein unterhaltsamer Roman gelungen, der die 60er Jahre wieder lebendig werden lässt und wohl vor allem Leser anspricht, die diese Zeit bewusst miterlebt haben. Doch auch für diejenigen, die keine eigenen Erinnerungen an diese Zeit haben, können auf diese Weise ein Stück Geschichte und vor allem ein vergangenes Lebensgefühl hautnah nachempfinden!

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