Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

  • Pendo
  • Erschienen: Januar 2012
  • 1
  • : Pendo, 2012, Titel: 'Zu zweit tut das Herz nur halb so weh', Seiten: 320, Übersetzt: Sonja Hauser
Zu zweit tut das Herz nur halb so weh
Zu zweit tut das Herz nur halb so weh
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Kathrin Plett
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Belletristik-Couch Rezension vonAug 2012

Leben zwischen Liebe und Emazipation

Der über 300 Seiten umfassende Roman ist das Debüt der texanischen Autorin Julie Kibler. Der in Kentucky geborenen Schriftstellerin ist mit dieser Geschichte der internationale Durchbruch gelungen.

Isabelle, eine Frau - aufgewachsen und verliebt Ende der 1930er Jahre in Kentucky – wird von ihrer  Vergangenheit eingeholt. Ihre uneheliche Tochter, die sie nie kennenlernen durfte, da sie ihr sofort nach der Geburt weggenommen wurde, wird begraben, und Isabelle hat eine Einladung zur Beerdigung erhalten. Zusammen mit ihrer Friseurin Dorrie, die für sie fast wie eine Tochter ist, macht sie sich 70 Jahre später auf eine Reise, die sie näher zu sich selbst zu bringen scheint. Für Dorrie wird die Reise, die sie zunächst mehr aus Pflichtgefühl als aus eigener Überzeugung antritt, zu einer Abrechnung mit dem eigenen Leben, der eigenen Familie, den eigenen Problemen und Fehlern.

Beide Frauen versuchen, ihren Weg in der Welt zu gehen und sich einen Platz in der Gemeinschaft nach ihren Vorstellungen zu erkämpfen, statt ihre Mitmenschen zu bekämpfen. Als Isabelle mit 17 ungeplant von einem Farbigen, den sie zuvor heimlich geheiratet hat, schwanger wird, und ihr von ihrer Mutter, die gegen die Beziehung ist, die Tochter genommen wird, sagt sie sich endgültig von ihrer Familie los. 

"Ich kann nicht erklären warum. Aber plötzlich erschien mir jede weitere Minute in dem Haus, in dem ich angeklagt, verurteilt und gefangen gehalten worden war, zu lange. Und nach meinem achtzehnten Geburtstag gab es nichts mehr, was meine Mutter hätte tun können, um mich  aufzuhalten."

Auch Dorrie hadert mit ihrem Leben. Die Freundin ihres Teenager-Sohnes verliert das Baby, ihre Beziehungen sind ein ständiges Auf und Ab und beruflich ist sie sehr eingespannt.

Auf ihrer gemeinsamen Autofahrt quer durch Amerika bemerken beide Frauen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine dastehen und werden zu Vertrauten, die sich gegenseitig aus ihrer scheinbar aussichtslosen Situation herausziehen.

Kibler beschreibt ihre Geschichte aus wechselnden Perspektiven und in verschiedenen zeitlichen Ebenen. Der Leser kann hautnah die Gefühle der Protagonistinnen spüren. Zu beobachten ist, wie die anfängliche Distanz, die vor allem auf Seiten der Friseurin Dorrie und weniger bei Isabelle liegt, nach und nach schwindet. Ihr Verhältnis wird zusehends enger, die Bindung wächst.

Interessant ist der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Aus heutiger Sicht schwer vorstellbar, dass Diskriminierung auf Grund unterschiedlicher Hautfarbe noch gar nicht so lange zurück liegt. Zudem das Leben vor etwa 70 Jahren stark auf das Wahren der Familienehre ausgerichtet war. Persönliches Glück spielte eine untergeordnete Rolle. 

Die Geschichte reicht nicht über gängige Klischees hinaus und entspricht Romanen, in denen Frauen erkennen, dass sie sich selbst verwirklichen müssen, wenn sie ihr persönliches Glück erreichen wollen. Die Geschichte wirkt gewollt emanzipatorisch, kombiniert mit einer zu hohen Dosis Herzschmerz, bei der sich am Ende alle Probleme in Luft auflösen und vollkommene Harmonie herrscht.

Es lässt sich bereits früh erahnen, wie die einzelnen Handlungsstränge enden werden. Sind zunächst noch Wendungen zu erwarten, bleibt der Roman seinem zähen Fluss bis zum Ende treu. Ein seicht dahinfließender Roman. Das unklare Ende regt zum Nachdenken an, der Rest des Romans kann einfach konsumiert werden und wird schnell in der Erinnerung verblassen.

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Julie Kibler, Pendo

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

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