Doc Martin

Film-Kritik von Stefanie Eckmann-Schmechta / Titel-Motiv: © Neil Genower / Polyband

Ein malerischer Küstenort

Portwenn, im wahren Leben Port Isaac, in der schönen, von hohen, grünen Klippen und bäuerlicher Idylle geprägten Grafschaft Cornwall, ist der Dreh- und Angelpunkt der britischen Dramedy „Doc Martin“.

Und Dramedy beschreibt die von Dominic Minghella erfundene Serie, die seit 2004 produziert wird, bestens, was die Zuschauer erwartet: Ein ziemlich mürrischer Arzt, eine sehr unterhaltsame Schar Einwohner, jede Menge lebensbedrohlicher Dramen und viele, viele komische Momente – deren fataler Verlauf so absehbar in die Katastrophe münden, dass das Urkomische daran so ungewollt wirkt, dass es dadurch natürlich noch komischer wird. Und nicht an wenigen dieser peinlichen, schrägen und teilweise verrückten Momente ist Doc Martin maßgeblich beteiligt.

Ein Arzt, mit dem sie alle auskommen müssen - Aber er ist der Beste!

Dr. Martin Ellingham (Martin Clunes), einer der besten Chirurgen Londons, kommt in das Küstenörtchen Portwenn um den verstorbenen Landarzt zu ersetzen. In der Gemeinde ist man sehr froh, einen so fähigen Arzt bekommen zu haben. Doch die Freude währt nicht lange, denn der Doc ist alles andere als zugänglich und leutselig. Ganz im Gegenteil, er ist schroff, abweisend und scheint in keiner Weise zu versuchen, seine Abneigung gegen seine viel zu redseligen Patienten auch nur in irgendeiner Weise zu verstecken. Schnell wird klar, dass Dr. Martin Ellingham zwar ein sehr guter Arzt ist, aber auch unter einer Sozialphobie leidet – wobei er das natürlich ganz anders sieht und es in Portwenn auch keiner so nennen würde. Und nicht nur das – und damit werden wir der ganzen Tragweite von Dr. Ellinghams Tragödie gewahr – neben seiner tiefen Abneigung gegen alles Menschliche, kann er kein Blut sehen, ohne dass ihm speiübel wird. Da kann man natürlich nicht Chirurg bleiben – aber auch ein Hausarzt sieht ziemlich viel und oft Blut, vor allem, da die Bewohner dazu neigen, überdurchschnittlich häufig in dramatische Situationen zu geraten.

Und wer meint, dass alle Wehwehchen oder seltenen Krankheiten – egal aus welchen Fachbereich - wohl kaum in seinem Kenntnisbereich liegt, der irrt. Keine Krankheit kann so selten sein, kein Unfall so schwierig zu behandeln, als dass Doc Martin nicht das richtige im richtigen Moment weiß oder tut. Und in Portwenn wird – und das ist eine starke Untertreibung – überdurchschnittlich viel verunglückt, verunfallt und an den seltensten Krankheiten, mit undurchsichtigen Begleiterscheinungen, erkrankt. In geradezu detektivischer Manier ermittelt Doc Martin jene Diagnosen, die alle anderen Ärzte in vielen, vielen Jahren nicht erkennen würden. Viele seiner Patienten und Patientinnen wären wohl schon gestorben, wenn er nicht mit der richtigen Diagnose die Genesung herbeigeführt hätte. Da passt eine seiner typischen Antworten von Doc Martin, wenn ihn ein Patient in höchster Not fragt, ob er oder sie sterben müsse: „Doch, Du wirst sterben! Wie wir alle. Nur nicht jetzt.“

Zu keinem Menschen schafft er es, besonders mitfühlend zu sein – der Misanthrop behandelt seine Patienten effektiv und zeitsparend, basta. Gefühlsduselei, Händchen halten, gutes Zureden ist nicht sein Ding. Klassisch ist schon sein „Rausschmiss“ wenn in seinen Augen alles erklärt und verschreiben ist. Da steht so manch redseliger Seele der Mund offen.

So ist auch die Tatsache, dass er ein so überdurchschnittlich guter Arzt ist, der selbst in der aussichtslosesten Situation die Nerven behält und das richtige tut, Grund genug für die Behörden, ihn dort wo er ist, zu tolerieren. Bis er dann doch an die falsche Patientin gerät und es schließlich eine Beschwerde zu viel wird…

Viele sehr schräge Einwohner

Neben dem Hauptthema der Serie gibt es zahlreiche, liebenswerte Nebendarsteller, angefangen von der Apothekerin Mrs Tishell (hervorragend gespielt von Selina Cadell), die über alle Staffeln hinweg schwer verliebt ist in den Doktor – das treibt schon sehr eigenwillige Blüten und wird einer wahrhaften Dramedy nur allzu gerecht. Unsere Glücksritter, Vater und Sohn Bert Large (Ian McNeice) und Al Large (Joe Absolom), eigentlich Klempner von Beruf und in allen Notfällen zur Stelle, wollen mit immer neuen Geschäftsideen endlich einem sorglosen Leben entgegensteuern. Sie sind immer wieder für eine unterhaltsame und nicht nur komische, sondern auch gefühlvolle Nebengeschichte gut.

Wie auch die Sprechstundenhilfe Morwenna Newcross (Jessica Ransom) die ihre Vorgängerinnen am überzeugendsten vertritt. Morwennas Stil in Kleidung und Accessoires ist jederzeit ein Hingucker und auch wenn dies wohl kaum einer anderen Frau stehen würden, sie kann es tragen. Und sie ist auch – nicht, dass der Doc das zugeben würde – eine wichtige Stütze in der Praxis.

Beim einzigen Dorfpolizisten, zuletzt und für mich vor allem PC Penhale (John Marquez), ist immer wieder mit einer skurrilen Episode zu rechnen. Niemand ahnt, in welchem persönlichen Film PC Penhale gerade agiert, meist liegt dieser aber haarscharf neben der Realität der anderen Bewohner. Wobei, das muss man ihm zugestehen, es gelingt ihm doch so mancher Coup gegen das Verbrechen, wie auch immer dies am Ende zustande kommt.

Und da ist natürlich auch die hübsche Grundschullehrerin/Direktorin Louisa Glasson (Caroline Catz) – ihr Markenzeichen ist ein kurzer Pony, Lidstrich und ein wippender Pferdeschwanz – um zum Hauptstrang der Serie zurück zu kehren. Louisa, man kann es kaum nachvollziehen, verliebt sich in den eigenwilligen und menschenscheuen Doktor, der seinerseits auch schon ein Auge auf die hübsche Grundschullehrerin geworfen hat. Dabei ist Louisa der genaue Gegenentwurf zu dem miesepetrigen Dr. Ellingham: Sie ist aufgeschlossen, charmant und den Menschen in einer starken und herzlichen Weise zugewandt. Sie erlebt mit ihm so manchen hochnotpeinlichen Moment und versucht stets, zu retten, was zu retten ist – und eigentlich bleibt das auch so. Doch Louisa weiß, wie sie die Zügel in die Hand bekommt und bringt den Doc wieder auf Kurs. 

Und Kurs hält auch die Serie, in der es natürlich vor allem darum geht, ob sich die beiden kriegen oder nicht. Durch so manchen Sturm, der sie auseinanderbringt – um beim Seemännischen zu bleiben, schließlich spielt es ja in einem Fischerdorf – macht das Weiterschauen unbedingt Spaß. Vor allem aber auch durch die vielen Nebengeschichten oder, vielleicht treffender, Lebensgeschichten der einzelnen Bewohner, deren Entwicklung man nur zu gerne verfolgt.  Und natürlich aufgrund der vielen Dramen, die in jeder Folge der insgesamt bisher 9 Staffeln überstanden werden müssen. Zum Glück gehen die meisten gut aus, das macht die Serie aber auch so charmant und leicht verdaulich.

Wer sich noch an die ebenfalls sehr erfolgreiche Kultserie „Der Doktor und das liebe Vieh“ erinnert, wird hier sicherlich auch bestens unterhalten. Der Charme und der versteckte Humor sind ähnlich.

Es wurden bisher 77 Episoden produziert, eine sehr lange Wegstrecke. Und die Serie, deren Erfolg die Macher überraschte, bekam im Laufe der Jahre viele namhafte Gastauftritte, wie zum Beispiel Sophie Thomson, Miriam Margolyes und sogar Sigourney Weaver, um nur ein paar zu nennen. Bereits 2004 gewann die noch junge Serie den „British Comedy Award“ in der Kategorie „Best TV Comedy Drama“.

Mit der neunten Staffel, die in Großbritannien 2019 ausgestrahlt wurde, sollte nun Schluss sein. Aber wird sich Martin Clunes, der mit der Produzentin dieser Serie Philippa Braithwaite verheiratet ist, wirklich für immer Doc Martin verabschieden? Das Ende lässt ein Fünkchen Hoffnung, ein paar lose Enden bleiben da noch.

Und so ist es auch: Die Serie „Doc Martin“, die hier in Deutschland bei Sat. 1 Gold, im Pay-TV bei Sky One läuft und auf DVD bei „polyband“ erhältlich ist, soll noch eine zehnte Staffel bekommen. Der britische Sender ITV bestätigte, dass man 2021 die letzte Serie drehen wird. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass Polyband noch eine Serienbox mit allen Staffeln herausbringen wird.

Man darf sich also auf ein Wiedersehen freuen!

Fazit

„Doc Martin“ vermittelt seinen Zuschauern zuverlässig wunderbare Urlaubsstimmung:  Ein malerisches, sonniges Küstenörtchen, herrliche Weiten, schroffe Felsen und eine illustre Schar Einwohner mit ebenso witzigen wie spannenden Geschichten. Das alles macht die Serie um den mürrischen Arzt zu einem willkommenen Dauergast im heimischen Wohnzimmer. Hier wird geliebt, gestritten, gewonnen und verloren und alles in einer so gekonnt leichtfüßigen Weise, dass man immer wieder gerne nach „Portwenn“ zurückkehrt.

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Fotos: © Polyband

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