Mit dir bis ans andere Ende der Welt

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Carola Krauße-Reim
781001

Belletristik-Couch Rezension vonApr 2024

Entwurzelte Leben.

Bereits 2022 erschien das Debüt der US-Autorin Mary Beth Keane in Deutschland. Jetzt liegt auch die Taschenbuchausgabe vor. Mary Beth Keane hat sich in diesem Buch eines Themas angenommen, das ihre Familie ebenso geprägt hat, wie viele andere irisch-stämmige in den USA – die Frage nach Heimat, Zugehörigkeit und Entwurzelung.

Greta liebt Irland und Johanna will weg

Greta und ihre Geschwister wachsen im ländlichen Irland auf. Ihr Dasein ist geprägt vom einfachen Leben in der kleinen Kate, der Abhängigkeit von den Landbesitzern und dem katholischen Glauben. Greta liebt ihre Heimat, aber auch ihre Schwester Johanna und die will einfach nur weg. Und so finden sich die beiden und ihr Freund, der Tinker Michael Ward, 1963 auf einem Schiff wieder, das sie nach New York bringt. Die drei versuchen Fuß zu fassen, doch bald überschattet ein Geheimnis ihr Leben, das selbst viele Jahre später noch immer Zündstoff ist.

Von Heimat und Liebe

Mary Beth Keane hat einen Familienroman geschaffen, der sich eigentlich kaum von anderen mit diesen Themen unterscheidet. Und dennoch schafft sie es, die Problematik ebenso packend zu schildern, wie die Charaktere zu malen. Jedoch ist der Einstieg in die immerhin über 400 Seiten lange Geschichte nicht ganz einfach, denn Keane widmet dem Leben in Irland sehr viel Zeit. Richtig interessant wird es allerdings erst, wenn die beiden Schwestern mit Michael in New York ankommen, denn dann beginnen sich die Konstellationen zu verändern und die Probleme werden persönlicher. Gekonnt schildert die Autorin die Entwurzelung, die verschiedenen Weisen mit dieser Herausforderung umzugehen und den daraus folgenden Zusammenhalt der irischen Gemeinde. Und immer wieder spielt das Thema Liebe in diese Leben hinein: Die Liebe einer Mutter zu ihren Kindern; die Geschwisterliebe; die zwischen Mann und Frau und auch die Liebe zur Familie und den Traditionen. Fesselnd ist die Geschichte bis zum Schluss, der den Kreis schließt und auch eine gewisse Hoffnung auf Aussöhnung und endgültiges Ankommen weckt.

Die Figuren tragen das Geschehen

Obwohl Irland genügend politisches Potential für einen packenden Hintergrund zu der Geschichte hat, kommen diese Probleme kaum vor. Keane konzentriert sich komplett auf die Familie Cahill, die in der Nähe von Conch lebt. Getragen wird alles nur von den Figuren, die in ihrer Unterschiedlichkeit Kontrapunkte und Anker zugleich sind. Greta und Johanna werden als gegensätzliche Charaktere geschildert, wobei sie im Laufe des Geschehens aber ihre Rollen zu tauschen scheinen. Leider hat man den Eindruck, immer nur die Oberfläche dieser beiden Frauen zu sehen, wirkliche Tiefe findet man nur selten. Anders bei Michael Ward, dessen Gedanken seine Gefühlswelt zumindest ankratzen. Dennoch können die Figuren das Geschehen gut tragen und die Geschichte glaubwürdig machen.

Ein fast zu ruhiger Stil

Keane erzählt in einem sehr ruhigen und gleichmäßigen Stil, der sich selbst bei den Katastrophen und Herausforderungen, die das Leben für die Familie Cahill bereithält, nicht ändert. Gerade bei manchen weitreichenden Vorkommnissen hätte eine etwas ambitioniertere Schilderung das Geschehen vielleicht nahbarer und packender gemacht. So wurde der Roman für mich auch erst wirklich interessant, als die Schwestern Amerika erreichen, denn diesen Teil der Erzählung gibt die Autorin in Form von Briefen wieder. Hier wird das Ganze etwas emotionaler, auch wenn ein wirklich tiefer Blick in die Gefühlswelten der Figuren weiterhin verwehrt wird. Immerhin ist man von dem Geschehen dann soweit gefesselt, dass man die Rückkehr zur außenstehenden Perspektive im weiteren Verlauf toleriert.

Fazit

Vom einfachen Leben in Irland bis zum Dasein im quirligen New York nimmt uns Mary Beth Keane mit auf die 40-jährige Reise der Familie Cahill, die geprägt ist von Loyalität, Liebe und der Suche nach Heimat. Das Debüt der Autorin hat zwar kleine Schwächen, kann aber dennoch überzeugen. Ein Buch für alle, die gerne Familiengeschichten lesen!

Mit dir bis ans andere Ende der Welt

Mary Beth Keane, Eisele

Mit dir bis ans andere Ende der Welt

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