Stich ins Wespennest

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 1952
  • 1
  • London: Herbert Jenkins, 1934, Titel: 'Miss Buncle´s Book', Seiten: 310, Originalsprache
  • Berlin: Blanvalet, 1952, Seiten: 287, Übersetzt: Susanna Rademacher
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2011, Seiten: 8, Übersetzt: Angelika Warning
Stich ins Wespennest
Stich ins Wespennest
Wertung wird geladen
Daniela Loisl
861001

Belletristik-Couch Rezension vonFeb 2012

charmante und amüsante Geschichte

"Weil ich Geld brauche", lautet die pragmatische Antwort von Mrs. Buncle auf die Frage von Mr. Abbott, dem Verleger, warum sie das Buch geschrieben habe.

Mrs. Buncles lebt im kleinen Ort Silverstream, ihre Rente ist sehr gering und sie hat Mühe, finanziell über die Runden zu kommen. Aus diesem Grund beschließt sie ein Buch zu schreiben und da sie über kaum Phantasie verfügt, schreibt sie über die Leute im Dorf.  Sie schreibt unter dem Pseudonym John Smith. Als das Buch herauskommt, dauert es nicht lange bis dem einen oder anderen Leser im Dorf die vielen Parallelen zu Silverstreams Bewohnern auffallen. Es herrscht große Aufregung, denn der Autor muss jemand aus Silverstream sein, das ist allen klar. Viele fühlen sich brüskiert und verleumdet und so startet die Jagd nach diesem John Smith…

Typisches englisches Dorf

Zweifellos ist dieses Buch eine leicht erzählte Geschichte und  kein literarisches Highlight. Dennoch besitzt dieser Roman etwas was vielen anderen Büchern fehlt und das ist: Charme.  Dorothy Emily Stevenson, eine Verwandte des berühmten Schriftstellers Robert Luis Stevenson (Die Schatzinsel, Dr. Jekyll und Mr. Hyde), erzählt mit diesem Buch locker leicht die Geschichte einer älteren Dame, Mrs. Buncle, die im kleinen Ort  Silverstream lebt. Stevenson gewährt sehr anschaulich Blicke in Mrs. Buncles kleines Häuschen, in dem sie alleine mit ihrer Angestellten Dorcas lebt.

Man wähnt sich in einer vermeintlichen Idylle wie in der Krimi-Serie "Inspektor Barnaby", in der man auch auf alle möglichen schrulligen, etwas verrückten, eleganten, klugen oder auch bösartigen Figuren trifft und die einem, ob ihrer Eigenheiten, immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Man lehnt sich zurück, macht es sich bequem und lässt die Figuren an einem vorüberspazieren; lässt sie verharren, lauscht ihren Gesprächen und amüsiert sich im Stillen auf ihre Kosten. Was heute Filmregisseure schaffen, schuf 1934 D. E. Stevenson mit ihren Erzählungen.

Das Buch lebt von den Figuren, ihren Eigenheiten, ihren Liebenswürdigkeiten und ihrer Beharrlichkeit was die Suche nach dem ominösen Mr. John Smith angeht. Stevenson hat jede einzelnen Figur geformt, charakterisiert, ihr Besonderheiten mit auf dem Weg gegeben und ihr letztendlich Leben eingehaucht. Ob es der neue Pfarrer Ernest Hathaway ist, den sich Mrs. Greensleeves unbedingt angeln möchte, da er über ein stattliches Erbe verfügt, Miss King und Miss Pretty, ein lesbisches Paar, die nette Mrs. Walker, Frau des Arztes und Mrs. Buncle gegenüber stets freundlich oder Mrs. Featherstone Hogg, die tonangebende Lady Silverstreams, die auch zur Jagd auf John Smith aufruft; alle sind mit derselben Akribie und Liebe fürs Detail gezeichnet.

Feiner und subtiler Humor

Die unterschiedlichen Charaktere der Dorfleute  sind das Grundgerüst von Stevensons Geschichte. Das Buch, das Mrs Buncle schrieb, dient im Grunde nur dazu, dass sich sämtliche Figuren voll entfalten können. So lässt die Autorin Mrs. Featherstone zur Hochform auflaufen, als diese das Zepter in die Hand nimmt, die ganze Dorfgemeinschaft zusammentrommelt und Instruktionen gibt, wie vorzugehen sei, damit man diesen unverschämten Kerl Smith das Handwerk legen kann. Und Mrs. Buncele – stets darunter, denn der alten, unscheinbaren Dame traut ohnehin niemand zu, irgendetwas auf die Beine zu stellen, geschweige denn ein Buch zu schreiben.

So lebt das Buch von den herrlichen Figuren und der Situationskomik, die dieses Werk zu einem regelrechten Lesevergnügen machen. Ein wunderbares Buch, das nicht nur kurzweilige Stunden beschert, sondern der Gesellschaft auch auf elegante Weise einen Spiegel vorhält. Es gibt einen Folgeband, der allerdings noch nicht übersetzt ist und wenn dieser nur annähernd an dieses Werk heranreicht, ist zu hoffen, dass der Verlag auch den Folgeband verlegt.

 Ziemlich ärgerlich ist die etwas schlampige Überarbeitung des Buches. Da wurden nicht nur Tippfehler übersehen, sondern auch jede Menge Rechtschreib-, Grammatik- und Flüchtigkeitsfehler. Fehler wie verstritten anstatt zerstritten oder der Unterkleid anstatt das Unterkleid verleiden einem zwar nicht die wirklich unterhaltsame Geschichte, sind aber dem Lesefluss hinderlich.

Stich ins Wespennest

D. E. Stevenson, Blanvalet

Stich ins Wespennest

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Stich ins Wespennest«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Film & Kino:
The Crown - Staffel 3

Die Queen in ihrer vordergründig repräsentativen Rolle ist eine zeitgeschichtliche Ikone, sodass der Erfolg der seit 2016 bei Netflix laufenden Serie „The Crown“ nicht verwundert. Die dritte Staffel markiert allerdings einen Umbruch: Die Royal Family ist in den 60er-Jahren angekommen und viele Rollen werden neu besetzt, da auch die Blaublüter nicht vor dem Altern gefeit sind. Titel-Motiv: © Des Willie / Netflix

zur Film-Kritik